Zurück zur Übersicht

Bildung im ver.di-Programm

Bildung ermöglicht Teilhabe


Bildung stellt eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung der Persönlichkeit und für die Teilhabe eines Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben dar. Ein umfassendes und differenziertes Bildungsangebot gehört zu den Voraussetzungen für eine lebendige Demokratie. Eine Politik der sozialen Integration muss deshalb so ausgestaltet sein, dass alle einen gleichberechtigten, gebühren- und barrierefreien Zugang zu Bildung haben. Deshalb wenden wir uns auch gegen Studiengebühren.

Ein leistungsfähiges Bildungssystem ist gleichzeitig Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, die Sicherung der Arbeitsplätze und die Entwicklung eines hochqualifizierten Dienstleistungssektors. Gleichzeitig verbessert Bildung die Integrationschancen eines Menschen in den Arbeitsmarkt.

Das Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland wird diesen Zielen nicht gerecht. Es ist in hohem Maße sozial selektiv: Die schlechteren Startbedingungen von Kindern aus den unteren sozialen Schichten werden durch das Bildungssystem nicht nur nicht ausgeglichen, sondern noch zusätzlich verstärkt. Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und erreichtem Bildungsniveau ist ausgeprägter als in anderen Industriestaaten – das wissen wir seit den PISA-Studien der OECD.


Vorschulische Bildung


Die Grundlagen für die Entwicklung eines jeden Menschen werden früh gelegt. Deshalb sind vorschulische Angebote für die Kinder auszubauen und qualitativ zu verbessern. Wir wollen ein flächendeckendes Ganztagsangebot an Krippen- und Kindergartenplätzen. Dort können mit einem integrierten Konzept von Bildung, Erziehung und Betreuung alle Kinder ganzheitlich gefördert werden. Ziel muss es sein, allen Kindern den Zugang zu ermöglichen. Gebühren halten Kinder fern. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die frühkindliche Bildung als gebührenfreies Ganztagsangebot auszubauen, das allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft Spaß am Lernen und Neugier auf Neues vermittelt und damit die Grundlage für ein erfolgreiches lebenslanges Lernen legt. Die Kindergärten und Kindertagesstätten müssen integrativer Bestandteil unseres Bildungssystems werden.


Schulische Bildung


Die Chancen, einen höheren Bildungsgrad zu erreichen, sind in der Bundesrepublik Deutschland extrem nach der sozialen Herkunft verteilt. Kinder ärmerer Eltern oder aus Familien mit Migrationshintergrund gehen seltener auf weiterführende Schulen. Besonders bedrückend ist der hohe Anteil der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen.

ver.di fordert faire Chancen. Wir kämpfen dafür, dass an die Stelle des gegliederten Schulsystems mit seinem Prinzip der frühzeitigen Auslese ein Konzept tritt, das eine umfassende Förderung aller Begabungen und aller Entwicklungspotenziale mit Integration und Durchlässigkeit verbindet. Wir wollen einen flächendeckenden Ausbau von Gemeinschaftsschulen in Form von Ganztagsschulen. Diese Schulform eröffnet die Chance, dass alle Kinder mehr lernen und sich entwickeln. In Gemeinschaftsschulen kann die starre Unterrichtsorganisation überwunden und die notwendige Zeit bereit gehalten werden, um Kinder individuell zu unterstützen und ihre Leistungsmöglichkeiten herauszufordern.


Berufliche Bildung


Prinzipiell ist die berufliche Bildung der schulischen gleichwertig. Die Durchlässigkeit zwischen schulischen und beruflichen Bildungsgängen muss auf allen Stufen gewährleistet sein.

Das duale System der beruflichen Bildung ist leistungs- und zukunftsfähig und muss den gewandelten Anforderungen entsprechend weiterentwickelt werden. Folgende Grundprinzipien sind hierbei zu beachten:
  • Jede/Jeder hat das Recht auf berufliche Bildung.
  • Arbeitgeber müssen in ausreichendem Maße qualifizierte Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, auch über den aktuellen Bedarf hinaus.
  • Berufsausbildung erfolgt tarifgebunden und mitbestimmt.
  • In allen Regionen muss eine Auswahl von Ausbildungsgängen angeboten werden. Um dies zu gewährleisten, ist ein bundesgesetzliches Umlageverfahren zur Finanzierung notwendig.
  • Die Berufsausbildung muss gründlich, vielfältig und breit angelegt sein.
  • Die berufsbildenden Schulen sind durch bessere personelle und sachliche Ausstattung in die Lage zu versetzen, den gestiegenen Qualifikationsanforderungen gerecht zu werden.

Hochschule


Die Bedeutung der Wissenschaft für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft, für die Bewältigung der globalen, sozialen und ökonomischen, ethnischen und ökologischen Probleme wächst ständig. Dabei nehmen die Hochschulen durch ihre Aufgabe in Lehre, Weiterbildung, Forschung und Entwicklung eine zentrale Stellung ein.

Die Erfordernisse des Arbeitsmarktes verlangen wesentlich mehr hochqualifizierte Beschäftigte. Dies macht eine deutliche Steigerung der Zahl von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen und permanente wissenschaftliche Weiterbildung im Sinne lebensbegleitendes Lernens unabdingbar. Dies ist nur zu erreichen, wenn der Zugang zum Studium allen Studierwilligen offen steht und gebührenfrei bleibt.

Darüber hinaus ist eine weitere Öffnung der Hochschulen auch für Berufstätige ohne klassische Hochschulreife und die Anerkennung außerhalb der Hochschulen erworbener Qualifikationen unabdingbar. Die Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten ist herzustellen. Interdisziplinarität, Internationalität und Praxisorientierung müssen integrale Bestandteile von Studiengängen sein. Neben die inhaltliche Studienreform müssen der Ausbau der Studienberatung und die kontinuierliche Evaluation der Hochschule und der Studienangebote treten.


Weiterbildung


Weiterbildungsangebote und Teilnahmequoten bei Weiterbildungsmaßnahmen bleiben deutlich hinter vielen anderen europäischen Ländern zurück. Da Wissen immer schneller veraltet, wird es schon bald kaum noch Erwerbsverläufe geben, die ohne Weiterbildung auskommen. Fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten werden zur doppelten Sackgasse. Für die Einzelnen, weil sie ihre Fähigkeiten nicht weiterentwickeln können und für die Volkswirtschaft, weil Innovations- und Beschäftigungschancen verloren gehen. Diese Kluft muss geschlossen werden: durch den systematischen Ausbau der berufsbegleitenden Weiterbildung für alle, durch Ausbildungsförderung für Erwachsene, durch spezielle Weiterbildungsansprüche sowie durch Finanzierungs- und Freistellungsregelungen.

Weiterbildung bietet die Chance, Gruppen von Beschäftigten, die in ihren Berufsverläufen und ihrer beruflichen Situation benachteiligt sind, gezielt anzusprechen: Zu ihrer Förderung sollten spezifische Angebote entwickelt werden, die helfen, solche Benachteiligungen zu beseitigen.

Weiterbildung in Phasen der Arbeitslosigkeit und Erwerbsunterbrechung

Weiterbildung für Erwerbslose und von Erwerbslosigkeit bedrohte Beschäftigte muss Kernaufgabe der Bundesagentur für Arbeit bleiben und durch eine solide Finanzierung abgesichert sein. Um den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Bundesagentur für Arbeit jährlich einen Anteil für Weiterbildung über eine Quotierung verbindlich festlegen.

Beitragsfinanzierte Weiterbildung muss sich am Qualifizierungsbedarf der Betroffenen und an den Anforderungen des Arbeitsmarktes ausrichten, nicht an kurzfristigen finanziellen Erwägungen. Zeitdauer und Inhalte der Fortbildungen - hier soll der Schwerpunkt auf zertifizierte und berufsabschließende Weiterbildungen gelegt werden - sowie Art und Preise der Vergabe von Bildungsmaßnahmen müssen der Zielvorgabe des Sozialgesetzbuches gerecht werden und "unterwertiger Beschäftigung entgegenwirken".

Auch andere Phasen der Erwerbsunterbrechung wie Elternzeit oder Sabbatjahre bieten Möglichkeiten zur Weiterbildung. Dazu sollen die beteiligten Stellen vielfältige Angebote entwickeln (Kompaktkurse, Selbstlernphasen, Teilzeitangebote etc.), die von Inhalt, Lern- und Zeitform den Lebensbedingungen in den jeweiligen Phasen der Erwerbsunterbrechung angemessen sind.


Lebenslanges Lernen


Ebenfalls gesellschaftlich notwendig ist lebenslanges Lernen, das nicht der Erzielung eines wirtschaftlichen Nutzens unterworfen ist, sondern der Weiterentwicklung des einzelnen Menschen und der Erweiterung seiner sozialen und kulturellen Kompetenz dient.

Auch für die zweite und dritte Chance sind Angebote zum lebenslangen Lernen notwendig: Ein zu hoher Anteil der Schülerinnen und Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss, viele Ausbildungsverträge werden aufgelöst. Der Studienabbrecheranteil ist ebenfalls hoch. Außerdem verfügen viele Zuwanderinnen und Zuwanderer über geringe Qualifikationen oder weisen migrationsbedingte Brüche in der Bildungs- und Erwerbsbiografie auf. Wer den Mut zu einem Neustart hat, muss auf diesem Weg unterstützt werden: durch geeignete Angebote und gegebenenfalls durch finanzielle Unterstützung.

Für alle Bildungsstufen von der vorschulischen Erziehung bis zum Studium und für alle Weiterbildungsgänge ist ein leistungsfähiges System öffentlicher und wissenschaftlicher Bibliotheken als Grundvoraussetzung und Wissensressource notwendig. Dieses Bibliothekssystem muss flächendeckend und wohnortnah sein. Es muss Medien, Informationsdienste und Recherchemöglichkeiten für alle Bildungswilligen bezahlbar anbieten. Technische Ausstattung und Angebot müssen qualitativ dem neuesten Stand entsprechen und quantitativ für den Bedarf der Nutzerinnen und Nutzer ausreichen.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Bereitstellung eines leistungsfähigen Bibliothekssystems für die Bevölkerung ist daher notwendig.


Quelle: Beschluss der 2. Bundeskonferenz des Fachbereichs Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di

Schlagworte zu diesem Beitrag: Hochschulen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024