Zurück zur Übersicht Deutschland muss Bildungsrepublik werden! Die Vorschläge der deutschen Wirtschaft zum Bildungsgipfel 2008Bildung ist ein Schicksalsthema für Deutschland, von dem die Zukunft jedes einzelnen Bürgers und der deutschen Gesellschaft insgesamt abhängt. Uns darf kein Talent verloren gehen.Bildungspolitik ist aber auch die nachhaltigste Sozialpolitik, sie ist Politik für mehr Gerechtigkeit. Wessen Talente so entwickelt wurden, dass sie oder er eine nützliche und aktive Rolle in Familie, Wirtschaft und Gesellschaft ausfüllen kann, gestaltet sein Leben selbstständig und hängt nicht am Tropf staatlicher Transferleistungen. Bildungspolitik ist auch ganz klar Standortpolitik: Denn nur mit motivierten und je nach ihren Fähigkeiten bestausgebildeten Menschen lassen sich neue Ideen entwickeln und hochwertige, oft sogar einzigartige Produkte und Dienstleistungen anbieten, die uns im harten globalen Wettbewerb Marktchancen sichern. Die deutsche Wirtschaft begrüßt daher sehr, dass Bildungspolitik auf der politischen Agenda ganz oben angesiedelt wird und unterstützt den persönlichen Anstoß der Bundeskanzlerin, die Bildung zur Chefsache zu machen. Wir hoffen, dass die Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam mit der Kanzlerin diese Botschaft vom Bildungsgipfel aussenden und eine breite, von allen getragene nationale Qualifizierungsinitiative starten. Damit Deutschland zur Bildungsrepublik wird, muss jedes Bundesland Bildungsland werden, und alle müssen an einem Strang ziehen. Ich warne schon jetzt vor falschen und klein karierten Kompetenzdebatten. Jeder weiß und niemand stellt in Frage, dass die Gesetzgebungskompetenz und zentrale Zuständigkeit bei den Ländern liegt. Statt Debatten über formelle Zuständigkeiten muss auf das konkrete Gelingen abgestellt werden: Wir brauchen mehr Qualität im Bildungssystem. Und hier haben wir aktuell eine besonders große Chance: Die Schülerzahl wird in den nächsten Jahren deutlich sinken; in den neuen Bundesländern wird sie sich von 2002 bis 2011 sogar halbieren. Dadurch entsteht schon 2012 ein finanzieller Spielraum von rund 8 bis 10 Milliarden Euro. Hier darf aber niemand auf die Idee kommen, die Gleichung aufzumachen: weniger Schüler ist gleich weniger Geld. Die Gleichung muss vielmehr heißen: weniger Schüler bei gleichem Geld ist gleich höhere Qualität. Das Geld darf nicht aus der Bildung in die allgemeine Sparbüchse wandern. Und der Fortschritt hin zu mehr Qualität muss messbar gemacht werden. Bund und Länder müssen beim Bildungsgipfel konkrete Zielmarken festlegen. So entsteht Veränderungsdruck, der allein von Sonntagsreden nicht ausgeht:
Wir erwarten, dass beim Bildungsgipfel diese Ziele mit konkreten Handlungsschritten unterfüttert werden. Das gemeinsame Präsidium von BDA und BDI hat einen 9-Punkte-Katalog entwickelt, an dem wir die Verabredungen und Zielmarken des Gipfels messen werden. Dabei weiß die Wirtschaft, dass sie auch selbst gefordert ist. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Deutsche Unternehmen investieren in die betriebliche Ausbildung junger Menschen jährlich rund 28 Milliarden Euro. Und sie geben darüber hinaus für die betriebliche Weiterbildung ihrer Mitarbeiter jährlich noch einmal 27 Milliarden Euro aus. Das heißt: 55 Milliarden Euro investieren Unternehmen pro Jahr in die betriebliche Qualifizierung. Aber auch außerhalb der Betriebe ist die deutsche Wirtschaft aktiv für bessere Bildung unterwegs. Ein Beispiel aus den Hochschulen: 33 Prozent aller Mitglieder von Hochschulräten kommen aus Unternehmen. Das sind mehrere hundert Personen – vielfach Betriebsinhaber, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder. Auch engagieren sich zahlreiche Betriebe als Partner der Hochschulen in dualen Studiengängen: Im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich ist es unser Ziel, dass Angebot von rund 15.000 Plätzen bis 2015 um 50 Prozent zu erhöhen. Ein ganz besonderes Anliegen ist uns die Sicherung des Nachwuchses in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – den so genannten MINT-Fächern. Denn schon heute fehlt es in vielen technischen und naturwissenschaftlichen Berufen an Nachwuchs. So fehlen aktuell allein 70.000 Ingenieure. Und der Mangel wird sich noch verstärken: Stehen schon heute 100 älteren Fachkräften mit einer MINT-Hochschulbildung nur noch 90 jüngere Fachkräfte mit dieser Qualifikation gegenüber, werden es 2020 sogar nur noch 70 sein. Wenn wir nicht in Schule und Hochschule massiv gegensteuern und auch eine gezielte Anwerbung Hochqualifizierter aus dem Ausland betreiben, erwächst hier eine geradezu existenzielle Gefährdung unseres Industriestandortes. Wir müssen jungen Menschen Lust auf MINT machen. Denn MINT steht nicht nur für hervorragende berufliche Chancen. Mathematik beispielsweise steht für die Frage, welche Chance ich habe, im Lotto zu gewinnen. Und ohne Technik wären wir nicht zum Mond geflogen oder würden auf Reisen weder telefonieren noch Musik hören. Von trockener Materie kann also keine Rede sein. Um mehr junge Menschen für MINT zu gewinnen und Kindergärten, Schulen und Hochschulen bei der MINT-Bildung zu unterstützen haben wir die Initiative „MINT-Zukunft schaffen“ aus der Taufe gehoben. Derzeit arbeitet die Initiative daran, viele tausend MINT-Botschafter aus der Wirtschaft zu gewinnen, die in den Schulen aktiv werden. Aber auch der Bildungsgipfel muss MINT zu einem Schwerpunkt machen. MINT muss einen festen Platz in der Bildung bekommen. In der Schule etwa sollten zwei naturwissenschaftlich-technische Fächer bis zum Abitur Pflicht werden. Ganz besonders wichtig sind mir aus unserem 9-Punkte-Katalog folgende Ziele:
Quelle: Dr. Gerhard F. Braun Vizepräsident der BDA und Vorsitzender BDA/BDI-Fachausschusses Bildung/Berufliche Bildung, Pressekonferenz im Vorfeld des Bildungsgipfels Berlin, 1. Oktober 2008 Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009 |
Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info Druckdatum: 29.03.2024 |