Zurück zur Übersicht DGB-Vorschläge für eine bessere Arbeitsmarktpolitik Perspektiven eröffnen – Sozialen Aufstieg ermöglichen – Schutz stärken.Rolle der Weiterbildung in einer neuen ArbeitsmarktpolitikDer Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen. Vor allem die Digitalisierung, aber auch Umstrukturierungen in der Energiewirtschaft und im Handel sowie die demografische Entwicklung erfordern, dass die Beschäftigten mitgenommen werden. Bis 2025 werden laut Studien 1,5 Mio. Arbeitsplätze verloren gehen, an anderer Stelle entstehen neue Arbeitsplätze. Der Bedarf an komplexen bzw. hochkomplexen Tätigkeiten nimmt zu, während Routinetätigkeiten und Einfacharbeitsplätze zurückgehen werden (vgl. IAB 2016). Für die Gewerkschaften ist zentral, dass die Wandlungsprozesse möglichst ohne Entlassungen bewältigt werden. Der beruflichen Weiterbildung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Arbeitsmarktpolitik muss sich neben den zukünftigen Erfordernissen aber auch noch mehr den aktuellen Herausforderungen stellen.
Lösungen: Eine konsequente Weichenstellung für eine umfassende Weiterbildungsstrategie ist nötig. Die Weiterbildungsstrategie soll aus mehreren Elementen bestehen. A) Weiterbildungsberatung flächendeckend einführen Weiterbildungsberatung gibt es derzeit nur punktuell. Eine transparente und flächendeckende Beratungslandschaft fehlt. Notwendig ist aber, dass jeder/m Ratsuchenden eine unabhängige Weiterbildungsberatung zur Verfügung steht. Die Bundesagentur für Arbeit führt derzeit Modellversuche durch. Nach Abschluss der Modellversuche und wenn die Erfahrungen ausgewertet sind, muss die Weiterbildungsberatung flächendeckend eingeführt werden. Dabei sollte es eine enge Kooperation mit bereits bestehenden Angeboten zur Weiterbildungsberatung geben. B) Berufliche Weiterbildung und Nachqualifizierung von Arbeitslosen stärken Im Rahmen der Arbeitslosenversicherung wurden die Mittel für die Förderung von Weiterbildung deutlich aufgestockt. Notwendig ist auch, im vom Bund verantworteten Hartz-IV-System die Weiterbildung zu stärken. Die Mittel für Weiterbildung sollten bedarfsgerecht ausgestaltet und in einem separaten Weiterbildungstitel gebündelt werden.
C) Transfer-Maßnahmen verstärkt für Weiterbildung nutzen. Das Instrument Transfer ist geschaffen worden, um Menschen in Umbruchsituationen zu unterstützen. Die Weiterbildung in der Transferphase ist ein wichtiger Baustein zur Wiedereingliederung und zur Erhaltung der Qualifikation. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es notwendig, die Elemente der Weiterbildung zu stärken, indem die Bundesagentur für Arbeit (BA) sich bei bestimmten Fallkonstellationen auch an den Kosten der Weiterbildung beteiligt: 1. Übernahme der Weiterbildungskosten im Insolvenzfall zu 100 Prozent durch die BA als Rechtsanspruch. Derzeit ist die Übernahme von Weiterbildungskosten nur als Kann-Leistung im Insolvenzfall möglich. Dadurch entstehen Rechtsunsicherheiten, die zu einer geringeren Weiterbildungsteilnahme führen. Die Klarstellung stärkt die Weiterbildung im Insolvenzfall. 2. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU, bis 250 Beschäftigte) beteiligt sich der Arbeitgeber mit 20 Prozent an den Kosten der Weiterbildung. Die übrigen Kosten der Weiterbildung werden durch die Agenturen für Arbeit getragen. Heute ist in Klein- und Mittelbetrieben oft nicht genügend Masse vorhanden, um im Rahmen der Transfer-Maßnahme Weiterbildung ausreichend zu finanzieren. Deswegen sollte eine höhere Unterstützung erfolgen. 3. Bei abschlussbezogener Weiterbildung beteiligt sich das abgebende Unternehmen nur mit einem Festbetrag von 2.500 Euro an den Kosten der Weiterbildung. Die weiteren Kosten werden durch die Agenturen für Arbeit getragen. Die Teilnehmenden verbleiben in der Transfer-Gesellschaft (TG) bis zum Ende. Im Anschluss führt die BA die Weiterbildung bei Zahlung von „Arbeitslosengeld bei Weiterbildung“ (ALG-W) fort. In der Praxis zeigt sich, dass die Weiterbildung in der Transfermaßnahme durch die zur Verfügung gestellten Budgets begrenzt wird. Das heißt, wegen zu geringer Budgets wird von den Trägern keine längerfristige Weiterbildung empfohlen, auch wenn diese eine sinnvolle Option wäre, weil die Maßnahmen (für wenige Teilnehmer) einen erheblichen Teil des Budgets binden. Durch die Befristung der Beteiligung des Arbeitgebers bzw. der Transfergesellschaft sollen die Rahmenbedingungen für abschlussbezogene Maßnahmen verbessert und eine transparente Kalkulation ermöglicht werden. 4. Kurzlaufende Weiterbildungen flexibilisieren (Änderung § 111a, SGB III). Derzeit können (nicht abschlussbezogene) Weiterbildungen, die über die Transfermaßnahme hinaus reichen, nicht begonnen werden. Aber auch kürzer laufende Weiterbildungen sind oft sinnvoll, z. B. zum Erwerben bestimmter Zertifikate. Deswegen sollte die BA nach Abschluss der Transfer-Gesellschaft in die Maßnahme eintreten, wenn dies vorher vereinbart wird. Ohne diese Möglichkeit müssen Teilnehmende auf den Beginn der Arbeitslosigkeit warten, um eine von der Agentur als sinnvoll angesehene Maßnahme überhaupt beginnen zu dürfen. D) Weiterbildung für Beschäftigte fördern Durch den strukturellen Wandel wird es immer wichtiger, die individuelle Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, und zwar möglichst ohne zwischengeschaltete Arbeitslosigkeit. Derzeit finanzieren weitgehend die Arbeitgeber die betriebliche Weiterbildung von Beschäftigten. Doch Handlungsbedarf besteht bei Geringqualifizierten, älteren Beschäftigten und Menschen, die vom Strukturwandel betroffen sind. Mit dem BA-Programm „Weiterbildung geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ (WeGebAU) kann die Weiterbildung von Geringqualifizierten sowie älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen gefördert werden. Dieses Programm sollte weiter gestärkt und die Rahmenbedingungen so verbessert werden, dass mehr Beschäftigte erreicht werden. Zudem sollte WeGebAU auf die Beschäftigten ausgeweitet werden, die nur über eine zweijährige Ausbildung verfügen. WeGebAU sollte auch im Hartz-IV-System etabliert werden. Bisher sind hilfebedürftige Beschäftigte bzw. Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft von der Weiterbildung ausgeschlossen. Zugleich stehen Beschäftigte, die ihren Lohn durch Hartz IV aufstocken, nicht ausreichend im Förderfokus der Jobcenter. Hier ist dringend der Bund gefordert, mehr für die Weiterbildungschancen von Aufstockern und Aufstockerinnen im Hartz-IV-System zu tun. Darüber hinaus müssen auch individuelle Weiterbildungsanliegen zur beruflichen Entwicklung besser als bisher unterstützt werden. Quelle: Perspektiven eröffnen – Sozialen Aufstieg ermöglichen – Schutz stärken, DGB-Vorschläge für eine bessere Arbeitsmarktpolitik, Oktober 2017 Die komplette Broschüre zur Arbeitsmarktpolitik können Sie hier als pdf-Datei herunterladen. Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.10.2017 |
Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info Druckdatum: 24.04.2024 |