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.info netzwerk-weiterbildung 02/12

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Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

spart sie noch oder kuerzt sie schon? Gemeint ist unsere Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Der Finanzminister hatte sie dazu verdonnert, in ihrem Etat mehrere Milliarden einzusparen, wie er sagte. Andere nennen es schlicht eine massive Kuerzung zu Lasten der sozial Benachteiligten. Sie folgte seinem Auftrag und strich die Mittel im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik massiv zusammen. Im Bereich der Foerderung der beruflichen Weiterbildung hat das 2011 sowohl bei der Bundesagentur fuer Arbeit (BA) wie auch bei den Jobcenter deutliche Spuren hinterlassen. Im gut ausgefeilten Marketingdeutsch liest sich das im Geschaeftsbericht der BA wie folgt:

"Die Foerderung der beruflichen Weiterbildung leistet einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkraeftebedarfs. Ueber die Haelfte der erwerbsfaehigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung fuer Arbeitsuchende verfuegen ueber keine abgeschlossene Berufsausbildung. Daher ist die berufliche Qualifizierung durch den Erwerb von Teilqualifikationen oder von Berufsabschluessen fester Bestandteil der Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme der gemeinsamen Einrichtungen.

2011 begannen in 149.000 Faellen Kundinnen oder Kunden (Frauenanteil: 44 Prozent) der Arbeitslosenversicherung und 136.000 Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher der Grundsicherung fuer Arbeitsuchende (Frauenanteil: 44 Prozent) eine berufliche Weiterbildung. Ein Berufsabschluss war in der Arbeitslosenversicherung bei 11 Prozent und in der Grundsicherung fuer Arbeitsuchende bei rund 10 Prozent der Teilnahmen das Ziel der Massnahme.

Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die eine Massnahme zur Foerderung der beruflichen Weiterbildung begonnen haben, stark zurueck (Arbeitslosenversi-cherung: -44 Prozent, Grundsicherung fuer Arbeitsuchende: -29 Prozent). Ein Grund fuer diese deutlichen Rueckgaenge der Teilnehmerzahlen und damit auch der ausgegebenen Foerdermittel liegt unter anderem in den sinkenden Arbeitslosenzahlen und dem damit verbundenen geringeren Foerderpotenzial." (Geschaeftsbericht der BA 2011, Seite 31)

Selbst der BA ist dieser massive Rueckgang nicht ganz geheuer. Sie spricht von einem "deutlichen Rueckgang der Teilnehmerzahlen", der "unter anderem in den sinkenden Arbeitslosenzahlen" begruendet sei. Die anderen Gruende nennt sie nicht. Die Arbeitslosenquoten sind im Bereich des SGB III (Januarwerte von 2011 und 2012) um 11,8 % gesunken, im Bereich des SGB II lediglich um 5,9 %. Im Bereich des SGB III war die Kuerzung der Mittel fuer die berufliche Bildung damit 3,7 mal hoeher als der Rueckgang der Arbeitslosigkeit; im Bereich des SGB II sogar 4,9 mal.

Die ueberdurchschnittliche Kuerzung ist offensichtlich politisch gewollt. Bildungsrepublik Deutschland; die Weiterbildung als vierte Saeule des Bildungswesen ausbauen; die Weiterbildungsbeteiligung auf 50 % im Jahr steigern: alles Schnee von gestern. Die Bundesregierung kratzt ein paar Milliarden zusammen, um die Kosten der Bankenrettungen aufzubringen. Die Erwerbslosen zahlen die Zeche.

Und wer am Ende der Schlange steht, den beissen bekanntlich die Hunde. Wie heisst es im Bericht der BA: "Ueber die Haelfte der erwerbsfaehigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung fuer Arbeitsuchende verfuegen ueber keine abgeschlossene Berufsausbildung." Das sind inzwischen 2/3 der registrierten Erwerbslosen. Doch vom Weiterbildungskuchen kommt hier weniger als die Haelfte der Mittel an. Nur jede zehnte gefoerderte Massnahme hatte das Ziel, einen Berufsabschluss zu erreichen. Aber jede/r Zweite hatte keinen Berufsabschluss. Spart sie noch oder kuerzt sie schon, die Frau von der Leyen? Sie kuerzt, an der beruflichen Weiterbildung und den Lebenschancen der betroffenen Erwerbslosen. Mit Sparen hat das nichts zu tun. Das weiss auch die schwaebische Hausfrau von Frau Merkel. Vielleicht sollten die Drei mal auf eine Tasse Kaffee zusammenkommen. Und ihre Erfahrungen im Sparen und Kuerzen austauschen. Vielleicht klappst dann ja mit Foerderung der beruflichen Weiterbildung.


Weitere Inhalte

1. Inklusion statt Exklusion - Gute Bildung fuer gute Arbeit!
2. Herausforderung fuer die Gewerkschaften
3. Kostenlose Leitfaeden zur Finanzierung von Weiterbildung und zum Fernunterricht
4. Termine
5. Impressum
6. .info Netzwerk-Weiterbildung abonnieren und kuendigen


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1. Inklusion statt Exklusion - Gute Bildung fuer gute Arbeit!
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Das Finanzkapital behandelt die Gesellschaften und ihre demokratisch legitimierten Institutionen wie Geiseln, treibt sie vor sich her, bereichert sich an Gewinnen. Gewinne, die durch Arbeit, haeufig aber auch durch deren Zerstoerung, durch "Arbeitsplatzabbau", zustande gekommen sind. Die Risiken dieser Entwicklung, die zwangslaeufig auftretenden "Crashs" waelzt es auf die Allgemeinheit ab. Private, ganz und gar nicht interesselose Rating-Agenturen, die zum Teil dem Verdacht von "Insider"-Geschaeften ausgesetzt sind, bestimmen ueber Wohl und Wehe ganzer Gesellschaften: Der realwirtschaftlich entwurzelte Finanzkapitalismus zockt um Profite auf dem Ruecken der Arbeitnehmer und der Steuerzahler und treibt Staaten in den Bankrott.

Der Raubtierkapitalismus hat laengst auch unsere Gesellschaften wieder ergriffen. Die Folgen sind zunehmende Armut, nicht zuletzt aufgrund zunehmend prekaerer Beschaeftigung, und soziale Ausgrenzung. Das Normalarbeitsverhaeltnis aus den Tagen des Rheinischen Kapitalismus wird langsam, aber sicher vom Normal- zum Sonderfall. Die Ausweitung der Leiharbeit als meist prekaere Form atypischer Beschaeftigungsverhaeltnisse auf nie da gewesene Groessenordnungen ist ein augenfaelliges Symptom sozialer Erosion. Auch in der Bildung und Weiterbildung nimmt die soziale Selektion zu. Wer noch ueber gute Jobs verfuegt, dem werden ausreichende Weiterbildungschancen angeboten. Der Rest erhaelt, wenn er Glueck hat, ein Bewerbungstraining seines oertlichen Jobcenters.

Die neue Ausgabe der Berufs-Bildungs-Perspektiven 2012 beschaeftigt sich mit dem Zusammenhang von prekaerer Beschaeftigung und prekaerer Bildung. Prekaere Bildung schafft prekaere Arbeit. Und prekaere Arbeit schafft prekaere Bildung. Weitere Informationen zur aktuellen Ausgabe und die Moeglichkeit, die Ausgabe als pdf-Datei herunterzuladen, finden Sie auf der Seite Grundsaetzliches zur Weiterbildung .


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2. Herausforderung fuer die Gewerkschaften
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Der Trend hin zu prekaeren Beschaeftigungsverhaeltnissen haelt unvermindert an. Immer weniger Arbeitsverhaeltnisse koennen als "normal" bezeichnet werden. Zwar entstehen derzeit auch wieder Normalarbeitsplaetze, dennoch nehmen laengerfristig gesehen die atypischen Formen von Arbeit eher zu und die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschaeftigung ab.

Viele nach der Krise entstandenen neuen Jobs entstehen in der Form von prekaerer Arbeit: als Leiharbeit, Minijobs, Teilzeitarbeit (oft unfreiwillig) oder auch in Form von Soloselbststaendigkeit und Praktikantenstellen. Prekaer sind die Jobs vor allem deswegen, weil sich die Risiken des Arbeitsmarktes hier besonders konzentrieren. Viele Jobs sind unsicher und/oder niedrig bezahlt; die Chance, erneut arbeitslos zu werden, ist besonders gross, Phasen der Beschaeftigung und Nichtbeschaeftigung wechseln einander ab.

Eine neue Broschuere des DGB beschaeftigt sich mit 7 Formen prekaerer Arbeit. Sie enthaelt aktuelle Daten und Fakten ueber die unterschiedlichen Beschaeftigungsformen, aber auch Vorschlaege fuer gesetzliche Aenderungen und Handlungshinweise fuer Gewerkschaften und Betriebsraete. Die Broschuere koennen sie unter der Rubrik Arbeitsbedingungen/Allgemeine Informationen als pdf-Datei herunterladen.



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3. Kostenlose Leitfaeden zur Finanzierung von Weiterbildung und zum Fernunterricht
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Fuer die Karriere wird berufliche Weiterbildung immer wichtiger. Doch wie ist das Lernen neben Beruf und Familie zu schaffen und wie laesst sich eine Fortbildung finanzieren? Die Stiftung Warentest hat zwei neue Leitfaeden herausgebracht, die sich mit dem Thema beschaeftigen: Der Leitfaden Weiterbildung finanzieren gibt einen Ueberblick ueber Foerdermittel von Bund und Laendern, der Leitfaden Fernunterricht zeigt Einsteigern Chancen und Risiken der beliebten Lernform.

Fast 400.000 Deutsche bilden sich jaehrlich per Fernunterricht weiter. Die Lehrgaenge enden oft mit klangvollen Abschluessen wie "Diplom" oder "Zertifikat". Doch was besagen diese Abschluesse wirklich? In ihrem Leitfaden "Fernunterricht" klaert die Stiftung Warentest ueber die Unterschiede beispielsweise zwischen einem Hochschulzertifikat und einem Diplom auf. Ausserdem verraet der Leitfaden Tricks, wie Kursteilnehmer den richtigen Kurs fuer sich finden und wie sie Lernkrisen besser meistern.

Ob Gutscheine, Praemien oder Stipendien: Angestellte, Arbeitslose oder Berufsrueckkehrer koennen finanzielle Unterstuetzung fuer ihre Initiative beim Lernen bekommen. Der zweite Leitfaden "Weiterbildung finanzieren" gibt einen Ueberblick ueber die Foerdertoepfe, die es in Bund und Laendern fuer die Weiterbildung gibt. Ausserdem enthalten: Informationen zum Bildungsurlaub und zu Steuersparmoeglichkeiten.

Auf der Seite Tipps finden Sie einen Link, um die Leitfaeden bei der Stiftung Warentest als pdf-Datei herunterladen zu koennen.


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4. Termine
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Armut als Programm - Arbeitslosenversicherung als Auslaufmodell?

Arbeitslose in Deutschland sind im Vergleich zu anderen europaeischen Staaten besonders von Armut betroffen. Die Ursachen liegen zum einen darin, dass die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung immer seltener gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit absichert. Zum anderen fuehren die Spaltung des Arbeitsmarktes und die Ausweitung von Niedrigloehnen und unsicherer Beschaeftigung zu immer geringeren Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Ein wachsender Teil der Beschaeftigten erwirbt erst gar keine Ansprueche auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld. 56 Prozent der Arbeitslosen haben bei Beginn der Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I und muessen gleich "Arbeitslosengeld II" beantragen. Selbst aus sozialversicherungspflichtiger Beschaeftigung heraus haben 28 Prozent derjenigen, die arbeitslos werden, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung, nach Leiharbeit sind es 38 Prozent. Nur 29 Prozent aller Arbeitslosen erhalten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, jede/r Zehnte muss das Arbeitslosengeld durch Leistungen vom Jobcenter aufstocken lassen.

Aber auch diejenigen, die ueber Jahre Beitraege in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, stehen nach 12, spaetestens 24 Monaten ohne Schutz aus der Sozialversicherung da. Ist die Arbeitslosenversicherung damit ein Auslaufmodell? Kann sie als Sozialversicherung ueberhaupt noch einen entscheidenden Beitrag zur Armutsvermeidung leisten?

Weitere Informationen zur Tagung finden Sie auf der Seite Ueberregionale Termine .


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5. Impressum
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Herausgeber
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Niedersachsen Bremen
Brigitte Schuett
Landesfachbereichsleiterin Bildung, Wissenschaft und Forschung
Goseriede 10
30159 Hannover

Redaktion: Peter Schulz-Oberschelp
mail to: mailto:mail@netzwerk-weiterbildung.info


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6. .info netzwerk-weiterbildung abonnieren und kuendigen
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Das .info netzwerk-weiterbildung ist ein kostenloser Service fuer die Beschaeftigten in der Fort- und Weiterbildungsbranche. Wenn sie in den Verteiler aufgenommen werden wollen oder wenn sie in Zukunft dieses Info nicht mehr zugeschickt bekommen wollen gehen sie bitte auf die Internet-Seite oder schicken sie eine e-mail an mailto:info@netzwerk-weiterbildung.info

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 17.04.2012

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024