Lebenslanges Lernen

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Entwicklung einer Weiterbildungsstrategie für das Land Bremen

Vorbemerkung des Senats

Mit Wirkung vom 4. Juni 2011 trat die Änderung des Gesetzes über die Weiterbildung im Land Bremen (Weiterbildungsgesetz – WBG) in Kraft, mit der die Grundlage für das sogenannte „Levelmodell“ gelegt wurde.

Dieses sieht vor, anstelle der vormals üblichen Unterteilung der Weiterbildung in die Kategorien „allgemein“, „politisch“ und „beruflich“ drei Förderstufen einzuführen, die sich an dem Grad des öffentlichen und des individuellen Interesses orientieren, das mit den verfolgten Weiterbildungszielen verbunden ist. Dabei unterscheidet sich die Förderungshöhe in dem Maße, wie zum einen an der Durchführung der Bildungsmaßnahmen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, und zum anderen, wie stark das individuelle Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Erforderlichkeit einer finanziellen Unterstützung eingeschätzt wird:

So sind dem Level 1, in dem u. a. Maßnahmen der politischen Bildung und der Grundbildung angesiedelt sind, höhere Fördersätze zugeordnet als dem Level 2. Das Level 2, in das u. a. Maßnahmen zur Qualifizierung für bürgerschaftliches Engagement und zur Erlangung von aufbauenden Schlüsselkompetenzen (große europäische Fremdsprachen bis A2, Rechtschreibung, Kommunikation/Sprachkompetenz) fallen, spricht andere Zielgruppen an, bei denen von einem größeren individuellen finanziellen Spielraum für eigenfinanzierte Weiterbildung ausgegangen wurde. Dementsprechend sind die Fördersätze niedriger. Bei Level 3-Veranstaltungen (beispielsweise Maßnahmen zur Erlangung spezieller Schlüsselkompetenzen, wie z.B. Fremdsprachen ab B1 und Kommunikation im Beruf) wurde unterstellt, dass Interesse und Finanzkraft der Teilnehmenden so hoch sind, dass sie auch ohne eine gesonderte Förderung der Maßnahme die Kursgebühren selbst aufbringen. Da aber unstrittig ist, dass ein öffentliches Interesse auch an diesen Veranstaltungen besteht, fließen die in Level 3 durchgeführten Unterrichtsstunden in die institutionelle Förderung der jeweiligen anerkannten Weiterbildungseinrichtungen mit ein.

Über das WBG werden folgende Einrichtungen gefördert: Akademie des Handwerks an der Unterweser e.V., Bildungsgemeinschaft Arbeit und Leben Bremerhaven e.V., Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Bremen e.V., Berufsfortbildungswerk des DGB GmbH, Bildungszentrum der Wirtschaft im Unterwesergebiet e.V., Deutsche Angestellte-Akademie, Evangelische Bildungswerk Bremen, HandWERK gGmbH, Bildungswerk des Sport im Lande Bremen, Paritätische Bildungswerk Landesverband Bremen e.V., Volkshochschule Bremerhaven, Bremer Volkshochschule, Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen gGmbH.

Das Levelmodell trat mit Änderung der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Weiterbildung im Land Bremen (WBG-VO) zum 30. Dezember 2011 in Kraft.

Dementsprechend wurde die Förderung nach dem Weiterbildungsgesetz zum Jahr 2012 auf das neue Modell umgestellt. Deshalb können im Folgenden nur Daten für die Jahre 2012 und 2013 ausgewiesen werden. Diese wurden – mit Ausnahme der Angaben zu Frage 5 – bei den nach dem Weiterbildungsgesetz anerkannten Weiterbildungseinrichtungen erhoben.


Frage 6: In welcher Höhe flossen finanzielle Mittel in Weiterbildungsangebote in Level 1 in den Jahren 2010 bis 2013 (bitte aufschlüsseln nach Landes-, Bundes-, EU- und sonstigen Mitteln) und wie hoch waren die Aufwendungen pro Teilnehmer/-in?

Frage 7: In welcher Höhe flossen finanzielle Mittel in Weiterbildungsangebote in Level 2 in den Jahren 2010 bis 2013 (bitte aufschlüsseln nach Landes-, Bundes-, EU- und sonstigen Mitteln) und wie hoch waren die Aufwendungen pro Teilnehmer/-in?

Frage 8: In welcher Höhe flossen finanzielle Mittel in Weiterbildungsangebote in Level 3 in den Jahren 2010 bis 2013 (bitte aufschlüsseln nach Landes-, Bundes-, EU- und sonstigen Mitteln) und wie hoch waren die Aufwendungen pro Teilnehmer/-in?

Antwort des Senats zu den Fragen 6 bis 8:

Zu den Fragen 6 bis 8 mussten die Daten manuell zusammengestellt werden, da das Level-modell Basis der WBG-Förderung, nicht aber der Förderung durch andere Mittelgeber ist. Auswertungen, die die Mittel anderer Finanziers einschließen, können über das elektronische WBG-Abrechnungssystem nicht erstellt werden. Die folgenden Daten umfassen sämtliche Mittel, die den anerkannten Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung standen. Die Einrichtungen ordneten die Mittel entsprechend der geförderten Inhalte den einzelnen Leveln zu. Eine eindeutige Zuordnung ist jedoch nicht immer möglich, insbesondere Mittel für Overhead-Förderungen, wie z.B. Personalkostenzuschüsse, mussten auf die Logik des Levelmodells umgerechnet werden – die folgenden Angaben beruhen daher teilweise auf Schätzungen:



1: Hier sind Mittel der Kommune als Träger/Kooperationspartner der Einrichtungen gelistet (in erster Linie Trägermittel der Volkshochschulen Bremen und Bremerhaven und Arbeit und Leben Bremen und Bremerhaven).

2: Hier sind Mittel der Ressorts gelistet (davon rund 1,4 Mio. € WBG-Mittel).

3: Hier sind u.a. Maßnahmen der Jobcenter, der Agentur für Arbeit und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gelistet, aber auch Mittel aus Bundesprogrammen, die teilweise auch ESF-Mittel umfassen.

4: Hier sind Mittel aus ESF-Landes- und -Bundesprogrammen und aus EU-Programmen gelistet.

5: Hier sind u.a. Mittel der Träger von Weiterbildungseinrichtungen, aus Firmenseminaren und Entgelte für Maßnahmen nach § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz gelistet.


Insgesamt standen den nach dem WBG anerkannten und finanziell geförderten Weiterbildungseinrichtungen im Jahr 2012 rund 33,5 Mio. € und im Jahr 2013 rund 34,9 Mio. € zur Verfügung.

Nahezu 40 % der gesamten Mittel konnten die Einrichtungen beim Bund einwerben. Diese Mittel werden in allen drei Levels, insbesondere aber im Level 3 eingesetzt. Mit Blick auf den Rückgang der in Bremen insgesamt zur Verfügung stehenden Bundesmittel wird die schwierige finanzielle Situation sichtbar, in der sich die in diesen Bereichen tätigen Weiterbildungseinrichtungen befinden: Der Antwort auf Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 15.07.2014 (Drs. 18/1494) ist zu entnehmen, dass die insgesamt im Lande Bremen für Weiterbildung eingesetzten Bundesmittel von rund 40 Mio. € im Jahr 2010 auf rund 27 Mio. € im Jahr 2013 zurück gegangen sind. Dieser Rückgang ist auf die sinkenden Mittel im Bereich des SGB II + III zurück zu führen. Zudem werden bei den Jobcentern immer weniger Mittel für Bildungsgutscheine eingesetzt. Die Neu- und Änderungszulassung von entsprechenden Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung richten sich nach Bundesdurchschnittskostensätzen. Maßnahmen, die diese Bundesdurchschnittskostensätze übersteigen, werden nicht bzw. nicht ohne ein zusätzliches, langwieriges Antragsverfahren finanziert. Die Teilnehmenden werden nicht mehr den Veranstaltungen zugewiesen, sondern müssen sich selbständig passende Angebote suchen. Diese Änderung des Vergabeverfahrens ist ein weiterer Nachteil für die Einrichtungen, die nicht mehr sicher wissen wann sie eine Maßnahme anbieten können und dadurch in diesen Angebotssegmenten kein hauptberufliches Personal mehr dauerhaft beschäftigen können.

Bei den Bundesmitteln, die dem Level 1 zugeordnet sind, handelt es sich in erster Linie um Mittel des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die für Integrationskurse oder berufs-bezogene Deutschkurse zur Verfügung stehen. Auch wenn diese Mittel von 2012 auf 2013 gestiegen sind, kann dieser Bereich als instabil bezeichnet werden: Ende März 2014 hatte das Bundesamt einen plötzlichen Bewilligungsstopp für Neuanträge im Bereich der berufsbezogenen Deutschkurse verkündet; infolge intensiver Anstrengungen konnte das Programm jedoch bis Ende 2014 fortgesetzt werden. Über das WBG werden Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse gefördert, die nicht über Mittel des BAMF finanziert werden.

Eine Weiterbildungsinfrastruktur, d.h. ein öffentlich zugängliches und qualitätsvolles Weiterbildungsangebot durch ein plurales System von Weiterbildungseinrichtungen wird im Land Bremen allein durch die Landesmittel, die über das Weiterbildungsgesetz verteilt werden, gesichert. Die für die Umsetzung der WBG-Ziele derzeit zur Verfügung stehenden rund 1,4 Mio. € werden dementsprechend gezielt zur Aufrechterhaltung eines Grundangebots eingesetzt, d.h. in erster Linie für die Bezuschussung des hauptberuflichen Personals und für die Bezuschussung eines Regelangebots der Einrichtungen. Es versetzt die Einrichtungen damit in die Lage, weitere notwendige Mittel bei Dritten einwerben zu können, die im Sinne der Gesetzesziele verwendet werden. Prof. Dr. Josef Schrader, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung, der zu Struktur und Wandel in der Weiterbildung am Beispiel Bremens forschte, bestätigt das strukturbildende Element des Bremischen Weiterbildungsgesetzes (2011). Die Einrichtungen sind aufgrund des geringen Anteils dieser Strukturförderung durch das WBG (rund 5 %) und mit Blick auf die wachsenden Bedarfe bei gleichzeitig sinkenden Drittmitteln mit dem Problem konfrontiert, weitere Finanzierungsquellen erschließen und bzw. oder die Kosten auf die Teilnehmenden verlagern zu müssen. So ist den Daten zu entnehmen, dass die Teilnehmendengebühren im Level 2 im Jahr 2013 gesteigert werden konnten. Allerdings sind die Teilnehmendenzahlen im gleichen Zeitraum gesunken (s. nachfolgende Tabelle auf S. 17). Dieses ist ein Hinweis darauf, dass die Veranstaltungsinhalte zwar auf das Interesse der potenziellen Teilnehmenden stößt, diese aber nicht die finanziellen Ressourcen aufbringen, womit die Träger die Kosten decken könnten.

Die Notwendigkeit, Strukturen im Weiterbildungsbereich zu sichern, wird auch durch Programme anderer Bundesländer bestätigt: Im Ergebnis einer Evaluation, die in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, werden die strukturbildenden Elemente des Weiterbildungsgesetzes in NRW gestärkt, um der Instabilität des Weiterbildungsbereiches begegnen zu können (http://www.die-weiterbildung-in-nrw.de/veranstaltungen/weiterbildungskonferenz-2012/weiterbildungskonferenz-2012.html).

Die zusätzliche Frage nach den Aufwendungen pro Teilnehmende je Level kann nicht beantwortet werden: Der Fragestellung entsprechend haben die Weiterbildungseinrichtungen sämtliche Mittel, die ihnen zur Verfügung standen, auf die Systematik des Levelmodells umgerechnet und angegeben. Die Umrechnung der Overhead-Fördermittel erfolgte auf Basis durchgeführter Unterrichtsstunden in den jeweiligen Level; die tatsächlichen Anstrengungen und damit auch Aufwendungen in den einzelnen Bereichen weichen davon ab. Zudem werden EU-Mittel und Bundesmittel oft für Modellprojekte eingeworben, die aufgrund ihres experimentellen Charakters weniger auf die Erreichung vieler Teilnehmenden als auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse ausgerichtet sind.

Der nachfolgenden Tabelle sind die insgesamt erbrachten Leistungen und die erreichten Teilnehmenden der anerkannten Weiterbildungseinrichtungen zu entnehmen:




Frage 9: Gibt es eine Umsteuerung der Mittel von Level 1 zu Level 2 oder sind diese geplant? Wenn ja, welches sind die Gründe dafür und in welcher Höhe geschieht das?

Antwort des Senats zu Frage 9:

Das Fördermodell, das mit der Novellierung des WBG-Gesetzes 2011 eingeführt wurde, war – mit dem Ziel der Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung – auf Basis eines Budgets in Höhe von 2 Millionen Euro entwickelt worden. Damit sollte die Personalförderung und die Förderung der Level 1-Maßnahmen (u. a. der politischen Bildung und der Grundbildung) in der bisherigen Höhe beibehalten und gleichzeitig ein Anreiz für die Ausweitung der in Level 2 angesiedelten Maßnahmen geschaffen werden.

Um dies zu erreichen, wurde in § 7 Absatz 2 Satz 2 WBG-VO festgelegt, dass die Mittel für die Regelförderung (Maßnahmenförderung) im Verhältnis 40:60 auf die Levels 1 und 2 zu verteilen sind. Dieser erstmalig in den Rechtsvorschriften festgesetzten Quotierung der Mittel für die Regelförderung liegt die Annahme zugrunde, dass die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung am ehesten durch eine Bezuschussung der Level 2-Maßnahmen erreicht werden kann, da bei diesen Maßnahmen erfahrungsgemäß eine hohe Teilnahme zu verzeichnen ist. Die einzelnen Maßnahmen des Levels 2 werden nur zu einem geringen Anteil bezuschusst, so dass durch diese Anschubfinanzierung weitere Mittel gebunden werden können und im Sinne der Ziele des Bremischen Weiterbildungsgesetzes zur Wirkung kommen.

Für die WBG-Förderung stehen derzeit jedoch jährlich nur rund 1,4 Mio. € zur Verfügung. Da das WBG das einzige Gesetz ist, das eine Strukturförderung vorsieht, ist diese Förderung weiter gestärkt worden. Von den zur Verfügung stehenden rund 1,4 Mio. € wurden zur Struktursicherung im Jahr 2014 rund 874.000 € für die Förderung des hauptberuflichen Personals verwendet.

Das im Vergleich zur Modellrechnung niedrigere Budget wirkte sich deshalb dahingehend aus, dass nicht genügend Mittel zur Verfügung standen, um die Maßnahmen in Level 1 in gleicher Höhe wie bisher zu fördern, weil die Mittel nun in einem Verhältnis von 40:60 auf die Levels 1 und 2 verteilt werden sollten. Eine sofortige Umsetzung dieser Quotierung hätte zur Konsequenz gehabt, dass wichtige Maßnahmen im Level 1 nicht mehr hätten durchgeführt werden können. Die zusätzlichen Mittel im Level 2 hätten überdies nicht vollständig abgerufen werden können, da die Zuschusshöhe im Level 2 (25 % von 18 € Honorarkostenzuschüssen) nicht ausreicht und die Einrichtungen den Hauptteil der Kosten nicht aufbringen können, um das Angebot auszuweiten. Deshalb wurde in den vergangenen drei Jahren – jährlich neu nach Beratung im Förderungsausschuss – entschieden, die in der Verordnung festgelegte Quote zur Mittelverteilung auf die Levels 1 und 2 schrittweise umzusetzen (im Jahr 2012 wurden die Mittel im Verhältnis 71:29, im Jahr 2013 im Verhältnis 70:30 und im Jahr 2014 im Verhältnis 55:45 verteilt).

Die Förderung der vergangenen drei Jahre zeigt damit, dass eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung durch Ausweitung des Mitteleinsatzes im Level 2 mit einem Budget in Höhe von 1,4 Mio. € nicht erreicht werden kann.


Quelle: Drucksache 18/1620 der Bremischen Bürgerschaft vom 11. 11. 2014


Sie können die vollständige Drucksache hier als pdf-Datei herunterladen.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Weiterbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik, Lebenslanges Lernen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 12.11.2014

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024