Allgemeine und politische Weiterbildung

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Keine Kürzungen bei der Integrationsförderung

Zehn Forderungen des Deutschen Volkshochschul-Verbandes

Der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) unterstützt nachdrücklich die Forderung der kommunalen Spitzenverbände an die Bundesregierung, von Kürzungen im Bereich der Integrationsförderung abzusehen.

Die Pläne der Bundesregierung, im Haushalt 2006 rund 68 Millionen Euro bei den Integrationskursen (Sprach- und Orientierungskurse) für Zuwanderer einzusparen, sind ein falsches Signal an die sieben Millionen Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland und eine Zumutung für die Kursträger, die unter nicht akzeptablen Rahmenbedingungen die Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes ermöglichen.

Der richtige Weg zur nachhaltigen Integration ist ein anderer: die Maßnahmen müssen insgesamt verstärkt werden, die Zulassung von Trägern unter Qualitätsaspekten begrenzt, die Kursteilnehmer/innen an den Schnittstellen zum Arbeitsmarkt besser unterstützt, pädagogische Erkenntnisse konsequent umgesetzt und bürokratische Auflagen dringend abgebaut werden. Nicht zuletzt muss die Kostenerstattung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Trägern, die sich mit großem Engagement der Integrationsaufgabe widmen, die Deckung der anfallenden Kosten ermöglichen.

Eine effiziente und nachhaltige Integration ist nur dann möglich, wenn die finanziellen Mittel für die Integrationskurse nicht gekürzt werden und zumindest an dem Haushaltsansatz des Jahres 2005 (208 Millionen €) festgehalten wird.

Im Jahr 2005 fand rund ein Drittel der Integrationskurse in den Volkshochschulen statt, die damit der wichtigste Partner des Bundes bei der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes sind. Nur auf der Grundlage des kommunal verantworteten Volkshochschulangebots ist eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Zuwanderer mit Integrationskursen in ganz Deutschland gesichert. Die Volkshochschulen in Deutschland sehen es als ihre Aufgabe an, die Integration von Migrantinnen und Migranten unter angemessenen Rahmenbedingungen weiterhin verantwortungsvoll mit zu gestalten.

Zur Verbesserung des Integrationserfolgs legt der DVV zehn Forderungen vor.
  1. Die bisherigen Erfahrungen mit den Integrationskursen belegen, dass nur ein geringer Teil der Kursteilnehmer/innen innerhalb der sechshundert Unterrichtsstunden des Sprachkurses das angestrebte Sprachniveau B1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen erreicht. Die meisten Teilnehmer/innen melden sich angesichts des zu erwartenden Misserfolgs erst gar nicht zur Zertifikatsprüfung an. Da das gesetzlich geforderte Sprachniveau (B1) für die Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben unabdingbar ist, muss die Zahl der förderungsfähigen Unterrichtsstunden für Menschen mit geringer Schulbildung und nicht vorhandenen Fremdsprachenkenntnissen bis auf neunhundert erhöht werden. Zugewanderte, die noch nicht alphabetisiert sind, benötigen darüber hinaus mindestens zusätzliche dreihundert Unterrichtsstunden.

  2. Die umfangreichen Durchführungsvorschriften für die Integrationskurse sind von den Kursträgern personell und finanziell nicht zu erfüllen. Berechnungen von Volkshochschulen zeigen, dass allein im Bereich der Sachbearbeitung Kosten von mehr als einhundert Euro pro Teilnehmer/in entstehen, die vom Bundesamt nicht erstattet werden. Es ist dringend notwendig, bürokratische Auflagen abzubauen; den Trägern müssen die Kosten für unabdingbare Verwaltungsaufgaben ersetzt werden.

  3. Die große Diskrepanz zwischen ausgestellten Teilnahmeberechtigungen (215.651) und tatsächlichen Kursteilnehmer/innen (115.158) im Jahr 2005 deutet auf eine erhebliche Schwachstelle im Integrationssystem hin: Kursinteressent/innen sehen sich einem völlig intransparenten Anbietermarkt gegenüber und verteilen ihre Berechtigungsscheine auf eine viel zu große Trägerzahl. Das hat zur Folge, dass Träger oft monatelang die Berechtigungsscheine „horten“, bevor ein wirtschaftlich tragfähiger Kurs zustande kommt – wenn es überhaupt dazu kommt. So wird eine zeitnahe Integration verhindert. Die unüberschaubare Anzahl der zugelassenen Integrationskursträger muss dringend auf ein sinnvolles Maß reduziert werden. Eine überschaubare Trägerzahl mit einem gut vermittelten, verlässlichen Angebot würde die Transparenz erhöhen, den Kurssuchenden schneller das passende Angebot vermitteln und ein Mehr an Professionalität garantieren.

  4. Im Interesse der Qualität der Integrationskurse sollten als Träger dieser Kurse nur solche Einrichtungen zugelassen werden, die nach den Weiterbildungsgesetzen der Länder anerkannt sind oder über ein anerkanntes Qualitätssicherungssystem (z.B. LQW, EFQM, ISO 9000 ff.) verfügen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf eine aufwändige Trägerprüfung verzichten. Darüber hinaus sollte im Sinne einer neutralen Beratung darauf geachtet werden, dass Migrationsberatungsstellen nicht auch Träger von Integrationskursen sind.

  5. Die Größe der Lerngruppe hat entscheidenden Einfluss auf den Lernfortschritt. Den größten Erfolg verspricht nach heutigem Wissensstand ein Sprachkurs mit rund 15 Teilnehmer/innen. Kursträger schöpfen jedoch die vom BAMF zugelassene Höchstteilnehmerzahl von 25 aus, um wirtschaftlich bestehen zu können. Die Höchstteilnehmerzahl eines Kurses sollte zugunsten eines besseren Lernerfolgs auf 20 Teilnehmer/innen pro Kurs herabgesetzt werden.

  6. Die Qualität eines Integrationskurses hängt in hohem Maß von der Qualifikation der unterrichtenden Lehrkraft ab. An die Lehrkräfte in den Integrationskursen werden zu Recht hohe Anforderungen gestellt. Im krassen Gegensatz dazu stehen die niedrigen Honorare, die diesen Lehrkräften von manchen Kursträgern gezahlt werden. Die Zahlung eines Mindesthonorars an die Lehrkräfte, das sich an den geforderten hohen Qualifikationsanforderungen orientiert, muss ein Kriterium für die Trägerzulassung werden.

  7. Vom BAMF finanzierte sozialpädagogische Beratung und Begleitung müssen ein Teil der Integrationsmaßnahmen sein. Sie können in Kooperation mit den Migrationsberatungsstellen organisiert werden. Junge Eltern sind nur dann erreichbar, wenn neben dem Kurs zusätzlich die Möglichkeit einer für die Kursteilnehmer/innen kostenlosen Kinderbetreuung gegeben ist.

  8. Die Integrationskurse müssen verstärkt kombiniert werden mit Bildungsangeboten in den Bereichen Beruf und Gesellschaft. Sprachförderung mit gleichzeitiger beruflicher Qualifizierung und Einbeziehung des Wohnumfeldes führt nachweislich zu einem besseren Integrationserfolg. Bei der Konzeption und Durchführung dieser Angebote kann auf die Erfahrungen und Konzepte der Volkshochschulen zurückgegriffen werden.

  9. Im Jahr 2005 waren fast zwei Drittel aller Integrationskursteilnehmer/innen Ausländerinnen und Ausländer, die bereits länger in Deutschland leben. In dieser Zielgruppe gibt es noch eine große Anzahl von Menschen, die dringend besser integriert werden müssten. Der DVV regt eine Kampagne zur Mobilisierung der bereits hier lebenden Zuwanderer an. Partner einer solchen Aktion sollten neben den Kursträgern Arbeitgeber, Gewerkschaften, Migrationsberatungsstellen und vor allem auch Organisationen der Zuwanderer selbst sein. Entsprechende Netzwerke in den Kommunen können von den Volkshochschulen organisiert und betreut werden.

  10. Die Kosten der Kursträger sind durch den aktuellen Erstattungsbetrag des BAMF von 2,05 € pro Teilnehmer/in und Unterrichtsstunde nicht annähernd gedeckt. Umso mehr setzen die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Integrationsangebots eine bessere finanzielle Ausstattung der Kursträger voraus. Der Erstattungsbetrag von 2,05 € muss auf mindestens 3,00 € pro Teilnehmer/in und Unterrichtsstunde erhöht werden; auch die Durchführung der vorgesehenen Prüfungen muss angemessener finanziert werden.


Quelle: Deutscher Volkshochschul-Verband e.V., Bonn, 31. März 2006

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 04.05.2006