Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Teilnehmerzahl bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat sich bei gut 100.000 stabilisiert

Seit Jahresbeginn 2006 hat sich die Zahl der TeilnehmerInnen an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei etwa 110.000 eingependelt. Während in 2005 die Teilnehmerzahl im selben Zeitraum von 135.428 auf 99.038 oder um 26,9 Prozent rückläufig war, ist sie in 2006 nahezu konstant geblieben (119.793 zu 112.116).
Grund für die Stabilisierung ist das Auslaufen längerfristiger, auf einen Berufsabschluss zielender Maßnahmen und ihre Ersetzung durch kürzere Qualifizierungsmaßnahmen. Die Zahl der Neueintritte übertrifft im selben Zeitraum bereits den Wert des Jahres 2004.

Grund für eine Entwarnung gibt es trotzdem nicht. Im zweiten Halbjahr wird sich die Kürzung der Bundesmittel im Bereich des ALG II für Fördermaßnahmen wie Weiterbildung um gut 1,1 Milliarden Euro sicherlich in abnehmenden Teilnehmerzahlen niederschlagen.



Neueintritte in Weiterbildungsmaßnahmen der BA

Die Zahl der Neueintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung steigerte sich bis Juli 2006 mit 109.714 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum (53.406) um 105,4 Prozent. Die Verkürzung der durchschnittlichen Maßnahmedauer wird bei einem Vergleich der Bestandzahlen und der Neueintritte für 2005 und 2006 besonders deutlich:



Im Juli 2005 kamen auf einen Neueintritt noch durchschnittlich 1,85 Teilnehmer in beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen, d. h. etwa die Hälfte der damaligen TeilnehmerInnen stammte noch aus einer im Vorjahr begonnenen und damit längerfristig dauernden Maßnahme. Im Juli 2006 dagegen kommt auf einen Neueintritt ein Maßnahmeplatz. Im Durchschnitt ist damit jeder Platz im Zeitraum Januar – Juli 2006 neu besetzt worden.



Die vermehrten Neueintritte führen bei der Verkürzung der durchschnittlichen Maßnahmedauer zwar zu einer Stabilisierung, nicht aber zu einer Ausweitung der Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA.

Zahl der Trainingmaßnahmen auf Vorjahresniveau

Die BA wollte einen Teil der beruflichen Weiterbildung auf Trainingsmaßnahmen verlagern. So heißt es in der Beratungsunterlage 65/2006 der BA: „Die Qualifizierung im Rahmen von Trainingsmaßnahmen hat in den letzten Jahren verstärkt an Bedeutung gewonnen. Geringere Qualifizierungsdefizite können durch die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme behoben werden. Viele Maßnahmeinhalte, die früher ausschließlich im Rahmen der beruflichen Weiterbildung gefördert wurden, finden sich deshalb heute in den Qualifizierungs-Trainingsmaßnahmen wieder.“

Die monatlichen Bestandswerte bestätigen diese Auffassung der BA nicht. Bildet man aus den angegebenen Monatswerten (Januar-Juli des jeweiligen Jahres) einen durchschnittlichen Monatsbestand, hat sich die Zahl der Maßnahmen von 2004 mit 96.495 TeilnehmerInnen auf nunmehr 65.924 deutlich reduziert.



Da die Zahl der monatlichen Neueintritte die Bestandszahl üblicherweise überschreitet, muss die durchschnittliche Maßnahmedauer unter einem Monat liegen. Da in den Angaben der BA Trainingsmaßnahmen und Eignungsfeststellungen zusammen ausgewiesen werden, lässt sich nicht erkennen, ob wirklich verstärkte Qualifizierung in den Trainingsmaßnahmen stattfindet.

Entwicklung der Ausgaben der BA für berufliche Weiterbildung und Trainingsmaßnahmen

Die Ausgaben für die berufliche Weiterbildung sind vom ersten Quartal 2004 mit 402 Millionen Euro auf 113 Millionen Euro im 2. Quartal 2006 um fast 72 Prozent zurückgegangen. Interessant ist hier insbesondere ein Vergleich der zweiten Quartale von 2005 und 2006.



Während die Teilnehmerzahl im betrachteten Zeitraum nahezu konstant bleibt, gehen die Ausgaben um über ein Drittel zurück. Da die angegebenen Werte lediglich die Teilnahmekosten enthalten, spiegeln die Ausgaben der BA zugleich die Einnahmen der Bildungsträger wider. Ganz offensichtlich hat der Preisdruck der BA auf die Weiterbildungsträger weiter zugenommen.

Die zentrale Ausschreibungspraxis für moderne Dienstleistungen führt bei der Vergabe zu einem reinen Preiswettbewerb, der Qualitätswettbewerb und damit der Anspruch auf qualitativ hochwertige Bildungsangebote bleibt auf der Strecke.



Probleme mit der Umsetzung der neuen Förderstrategie in der BA

Mit ihrer Umstellung der Geschäftspolitik auf die Förderung von Erwerbslosen, die nach Einschätzung der BA durch gezielte Förderung schneller eine neue Arbeit finden sollen (im Amtsdeutsch jetzt „Beratungskunden fördern“ genannt), hat die BA Probleme. In der Beratungsunterlage 63/2006 der BA heißt es dazu:

„Das Potential an Beratungskunden ‚Fördern’ wird bei weitem nicht entwickelt.

Ursachen für die Zielverfehlung bei den geförderten Integrationen und die niedrige Inanspruchnahme des Budgets im Eingliederungstitel sind insbesondere die geringen Förderaktivitäten für Beratungskunden, eine nicht sachgerechte Kundendifferenzierung und ein zu geringes Integrationspotenzial durch niedrige Eintrittszahlen in Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung.“


Genau diese Gruppe soll aber gezielt mit Weiterbildungsangeboten in den Arbeitsmarkt integriert werden. Ihnen „soll so zeitnah wie möglich ein Angebot zur Qualifizierung unterbreitet werden.“ Doch die Wirklichkeit sieht anders aus:

„Nach der vorliegenden Auswertung gab es im April 2006 bundesweit rund 208.000 Beratungskunden ‚Fördern’, die Arbeitslosengeld beziehen und in den letzten 6 Monaten keine Förderung erhalten haben. Das sind 72 % aller Beratungskunden ‚Fördern’, die Leistungsempfänger sind.“

Das hat Folgen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA. Bereits im IV. Quartal 2005 hätte die Zahl der Neueintritte unter den Planungswerten gelegen. Im I. Quartal 2006 hätte sich diese Entwicklung fortgesetzt. Die Agenturen vor Ort hätten nicht „genügend Teilnehmerkapazitäten eingekauft, um die geplanten Maßnahmeeintritte zu realisieren.“ Dennoch ist die BA optimistisch, die für 2006 geplanten Maßnahmeeintritte zu realisieren.

Die Entwicklung der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III

Die Daten werden weiterhin nur auf der Basis BA erhoben, zentrale Daten für Maßnahmen von Seiten der Optionskommunen liegen nicht vor. Im Bereich des SGB II wurden über die BA (ARGEN) im Dezember 2005 mit 45.795 Teilnehmern die meisten Förderfälle gezählt. Seit Januar 2006 schwankt die Zahl der TeilnehmerInnen im Monatsdurchschnitt zwischen 42.000 und 44.000. Im Juli 2006 wurden 42.582 TeilnehmerInnen gezählt.

Der dauernde Anstieg der Teilnehmerzahlen im Bereich des SGB II im Jahre 2005 scheint damit seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht zu haben. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung scheint in vielen ARGEN nicht hoch im Kurs zu stehen. Dabei waren im Rechtskreis des SGB II in 2005 mit 2.769.871 gut 32 Prozent mehr Erwerbslose registriert als im Rechtskreis SGB III (2.091.006). Bezogen auf die durchschnittliche Zahl von Erwerbslosen im SGB II kommen damit weniger als 2 Prozent der Betroffenen in den Genuss einer beruflichen Weiterbildung.



Bei den Trainingmaßnahmen sieht die Lage für Bezieher des ALG II noch trostloser aus. In den ersten Monaten des Jahres 2006 betrug die Teilnehmerzahl im Monatsdurchschnitt noch ca. 35.000. Im Juli gab es hier einen erheblichen Rückgang auf lediglich 23.612 Teilnehmer. Das entspricht weniger als einem Prozent der Bezieher von ALG II.

Durch die im Sommer 2006 beschlossene Kürzung der Mittel für Fördermaßnahmen im Bereich des SGB II um gut 1,1 Milliarden Euro könnte sich diese Entwicklung noch verschärfen. Da Trainingsmaßnahmen nur kurze Zeit laufen, könnten die ARGEN hier besonders leicht den durch den Bundeswirtschaftsminister erzwungenen Rotstift ansetzen.



Geringqualifizierte haben kaum noch Chancen auf eine berufliche Weiterbildung

Besonders Geringqualifizierte haben geringe Chancen am Arbeitsmarkt. Gerade sie müssten besonders in der beruflichen Weiterbildung gefördert werden, um wieder am Erwerbsleben teilnehmen zu können.

In der Beratungsunterlage 65/2006 führt die BA aus: „Die Beteiligung von Un- und Angelernten am Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente ist seit 2003 nicht nur in der Jahressumme, sondern auch prozentual kontinuierlich gestiegen. Dies ist in 2005 größtenteils bedingt durch die mit dem SGB II neu eingeführten Arbeitsgelegenheiten. Die Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung insgesamt sind stark rückläufig.“

Aktive Arbeitsmarktpolitik findet für Geringqualifizierte offensichtlicht im Rahmen von Ein-Euro-Jobs statt. Ob sie damit eine realistische Chance für eine „echte“ Erwerbsarbeit bekommen, wird stark angezweifelt. Berufliche Qualifizierung findet in solchen Arbeitsgelegenheiten kaum oder nicht statt. Doch für eine berufliche Weiterbildung scheint entweder kein Geld vorhanden zu sein oder es fehlt der Wille, solche Maßnahmen verstärkt anzubieten.

Die Zahl der Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist von 2003 mit 68.189 Teilnehmern um 48,5 Prozent auf nur noch 35.085 in 2005 gesunken.



Besonders wichtig wäre der Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung. Hier geht die Zahl der TeilnehmerInnen bei Geringqualifizierten im gleichen Zeitraum von 28.884 um gut 76 Prozent auf 6.910 zurück. Für Geringqualifizierte ist es kaum noch möglich, durch die BA einen Berufsabschluss nachzuholen.



Dabei stellen die Geringqualifizierten inzwischen den größten Teil der Erwerbslosen.



Bezogen auf alle Erwerbslosen ohne Berufsabschluss erhielten 2005 mit 35.085 Teilnehmern 1,83 Prozent eine berufliche Weiterbildung. Bei den Erwerbslosen mit Berufsabschluss waren es 96.436 Teilnehmer, entsprechend 3,27 Prozent der Erwerbslosen. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA führt zu einer weiteren sozialen Selektion am Arbeitsmarkt.

Quellen:

Beratungsunterlage 63/2006 der BA vom 7. Juni 2006, „Aktivitäten für Beratungskunden ‚Fördern’ und weitere Steuerung des wirkungsorientierten Mitteleinsatzes im Eingliederungstitel“,
Beratungsunterlage 65/2006 der BA vom 1. Juni 2006, „Qualifizierung für Un- und Angelernte“,
Quartalsberichte der Bundesagentur für Arbeit, Zahlen, Daten, Fakten,
Arbeitsmarkt in Zahlen, Aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit

Eigenbericht Netzwerk-Weiterbildung

Sie können die Datenreihen für die Teilnehmerzahlen hier als exc-datei herunterladen.

Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 02.08.2006