Nachrichten-ArchivZurück zur ÜbersichtBelegung von Berufsbildungswerken akut gefährdet!Nach 1996/97 und 2003/2004 stehen die Berufsbildungswerke vor einer erneuten tief greifenden Existenzbedrohung.Berufsbildungswerke, die ursprünglich eingerichtet wurden zur Erstausbildung von jungen Menschen mit Behinderungen, soweit Art und Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtung erforderlich machen (§ 35 SGB IX), die Jahrzehnte lang diesem Auftrag nachgekommen sind und behinderte junge Menschen für das Berufsleben ausgebildet und qualifiziert haben, sind nun unmittelbar betroffen von der veränderten Politik der Bundesagentur für Arbeit, die umsteuert zu âgrößerer Wirkung und Wirtschaftlichkeitâ. Nicht nur dass den Berufsbildungswerken von der Bundesagentur seit Jahren ein Tageskostenpreis diktiert wird, der in bundesdeutschen Berufsbildungswerken zu Personalabbau und Arbeitsverdichtung geführt hat, wird nun das Prinzip âWirkung und Wirtschaftlichkeitâ mit aller Konsequenz durchgesetzt. Qualitätsverluste und der Verlust von Arbeitsplätzen werden in Kauf genommen. Betroffen sind behinderte Jugendliche beispielsweise mit Lern-, Körper-, psychisch oder Sinnesbehinderungen, für die es auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ohnehin schwierig ist. Im Konkurrenzkampf um die wenigen betrieblichen Ausbildungsplätze gehen diese Jugendlichen leer aus. Diese jungen Menschen wurden bisher aufgrund der ihnen gesetzlich zugestandenen Rechtsansprüche vornehmlich von Berufsbildungswerken qualitativ hochwertig ausgebildet und in den Arbeitsmarkt integriert. Die neue Politik der Bundesagentur für Arbeit hat u. a. zur Folge, dass nicht mehr in erster Linie die sachlich und fachlich spezialisierten Berufsbildungswerke die Ausbildung übernehmen sollen. Vor allem Kostengründe geben den Ausschlag dafür, die Maßnahmen auszuschreiben. Dies hat zur Folge, dass zunehmend tarifvertraglich ungebundene âBilliganbieterâ den Zuschlag erhalten. Dies ist vor allem dadurch möglich, indem man bei Jugendlichen mit Lernbehinderungen in den psychologischen Diensten der Arbeitsagenturen lediglich eine Lernbeeinträchtigung diagnostiziert. Gleiches gilt für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Der Rechtsanspruch auf Ausbildung wird somit durch Gesetzesauslegungen bzw. Dienstanweisungen der Agentur für Arbeit verwässert und unterhöhlt. Es besteht die Gefahr, dass benachteiligte junge Menschen mit Behinderungen überhaupt nicht mehr gefördert oder in Maßnahmen mit erheblich verringertem Leistungsangebot untergebracht werden. Die Konsequenz für Berufsbildungswerke ist schon jetzt deutlich an den Aufnahmezahlen für die Ausbildungsgänge August 2006 abzulesen. Die Belegungszahlen sinken und führen dazu, dass qualifizierte Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden, behinderte junge Menschen ausgegrenzt werden und Arbeitsplätze der Beschäftigten aus Berufsbildungswerken aufs Spiel gesetzt werden. Eine Politik, die wir nicht akzeptieren werden, der wir unseren gezielten Widerstand entgegensetzen werden. In diesem Sinne sind Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Behindertenverbände, Gewerkschaften und Politikerinnen und Politiker gefordert, sich für die qualifizierte Ausbildung von behinderten Menschen in Berufsbildungswerken einzusetzen und dafür Sorge zu tragen, dass die Existenz der 52 bundesdeutschen Berufsbildungswerke durch die veränderte Einweisungspraxis der Bundesagentur nicht angetastet wird. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese behindertenfeindliche Politik zu langfristiger Arbeitslosigkeit bei behinderten Jugendlichen und zu Arbeitslosigkeit bei den Beschäftigten in den Berufsbildungswerken führt. Wir fordern:
Berufliche Rehabilitation ist ein unverzichtbarer Beitrag zur Realisierung eines Grundrechtes und eine Frage der Menschenwürde. Unterschriften der Berufsbildungswerke: Betriebsrat BBW Bremen Betriebsrat BBW Hamburg Betriebsrat DRK â BBW Worms Mitarbeitervertretung CJD Homburg/Saar GMbH Mitarbeitervertretung BBW Wichernhaus Schwarzenbruck Mitarbeitervertretung CJD BBW Frechen Betriebsrat BBW Annedore-Leber Berlin Betriebsrat BBW Südhessen/Karben Mitarbeitervertretung BBW Vollmarstein Mitarbeitervertretung Stiftung St. Zeno BBW Kirchseeon Betriebsrat BBW Stendal Mitarbeitervertretung BBW Annastift Hannover Mitarbeitervertretung BBW Bugenhagen Timmendorfer Strand Mitarbeitervertretung BBW St. Nikolaus Dürrlauingen Mitarbeitervertretung der Johannes-Anstalten/BBW Mosbach Mitarbeitervertretung BBW Hof (Saale) Mitarbeitervertretung CJD BBW Dortmund Mitarbeitervertretung Theodor-Schäfer BBW Husum Mitarbeitervertretung Kolping BBW Hettstedt Betriebsrat BBW Neckargemünd Betriebsrat BBW für Blinde und Sehbehinderte Chemnitz Mitarbeitervertretung BBW Greifswald Mitarbeitervertretung BBW Waiblingen Juli 2006 Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 04.10.2006 |
Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info Druckdatum: 19.04.2024 |