Förderung der beruflichen Weiterbildung

Zurück zur Übersicht

Teilnehmerzahlen an der beruflichen Weiterbildung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) liegen 2006 leicht über den Jahreswerten von 2005

Mit durchschnittlich 119.513 TeilnehmerInnen an der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) nahmen ca. 4,5 % mehr Erwerblose an Fördermaßnahmen teil als 2005. Auch der Dezemberwert lag mit 133.330 TeilnehmerInnen um 3,5 % über dem Vorjahreswert.



Der Rückgang bei der beruflichen Weiterbildung, der in den Jahren 2003 und 2004 zu beobachten war, ist damit zum Stillstand gekommen. Die Bestandzahlen von 2005 und 2006 unterscheiden sich kaum. Seit dem Frühjahr 2006 liegen sie knapp über den Vorjahreswerten, im Durchschnitt bei ca. 10 %.

Gegenüber dem Jahr 2000 hat die Teilnehmerzahl um gut 65 % abgenommen. So fiel der Bestand im Zeitraum 2000 – 2006 von durchschnittlich 342.670 TeilnehmerInnen in 2000 auf 119.513 in 2006. Die BA hat damit ihre in den Jahren 2003 und 2004 vollzogene Änderung in der Geschäftspolitik, bezogen auf die berufliche Weiterbildung, offensichtlicht beendet. Waren Maßnahmen vorher noch aus sozialpolitischen Erwägungen bewilligt worden, so wird jetzt nur noch gefördert, wenn die Maßnahme unmittelbar in eine neue Beschäftigung mündet. Zudem orientiert sich der BA-Chef, Frank-Jürgen Weise, bei der Bewilligung von Maßnahmen an der Arbeitslosenzahl. „Wir hatten schließlich im zu Ende gehenden Jahr 15 Prozent weniger Arbeitslose. Das führt zwangsläufig zu einem Rückgang bei den Maßnahmen“, erklärte Weise im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Jahresüberschusses der BA in 2006.




Weg von beruflichen Abschlüssen, hin zum kurzfristigen Fitmachen für den nächsten Job

Die Änderung der Förderpraxis ist deutlich an der Zusammensetzung der TeilnehmerInnen zu erkennen, wenn man die Länge der durchgeführten Maßnahmen ansieht. Vor der Änderung der Geschäftspraxis in 2003 wurden relativ häufig längerfristige Maßnahmen gewährt, um größere Qualifikationsdefizite durch den Erwerb eines Berufsabschlusses auszugleichen (Umschulungen). Seither hat sich die Maßnahmenstruktur stark zu kurzfristigen Qualifizierungen hin verschoben.



Während im Jahr 2000 der Anteil der kurzfristigen Qualifizierungen (Maßnahmen unter 6 Monate) bei allen TeilnehmerInnen gut 40 % betrug, betrug der Anteil 2004 mehr als 60 %. Doch nicht nur Geringqualifizierte sind die Verlierer in der neuen Förderpraxis der BA. So fiel der Anteil der Frauen an allen TeilnehmerInnen von 49,3 % in 2000 auf 44,2 % in 2004. der Anteil der über 45 jährigen ging im gleichen Zeitraum von 20,4 % auf 17,8 % zurück.


Neueintritte auf dem Niveau des Jahres 2003

Die Zahl der Neueintritte bei der FbW hat mit 256.372 in 2006 wieder das Niveau des Jahres 2003 erreicht (254.718). Auch diese Zahl macht deutlich, wie stark sich die Förderung weg von abschlussbezogenen Maßnahmen und hin zu kurzfristigen Qualifizierungen verschoben hat. Auf einen Bestandsplatz in 2006 kamen 2,15 Neueintritte. Im Durchschnitt liegt die Förderdauer damit unter einem halben Jahr.



Die starken Rückgänge bei den Neueintritten in den vorhergehenden Jahren sind ebenfalls der neuen Geschäftspolitik geschuldet. Da vorher bewilligte bzw. bereits begonnene Umschulungen zunächst beendet werden mussten, haben diese TeilnehmerInnen quasi die Plätze „besetzt“. Erst nachdem diese Maßnahmen ausgelaufen waren, konnte die BA beginnen, die jetzt noch existierenden Plätze mehrmals im Jahr mit kurzfristigen Qualifikationen zu bestücken.


Was tut sich bei den Langzeitarbeitslosen?

Gerade im Bereich des SGB II finden sich besonders viele Geringqualifizierte. Um ihnen auf Dauer die Möglichkeit einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit zu eröffnen, wäre es nötig, verstärkte Anstrengungen in die berufliche Weiterbildung und insbesondere in berufsqualifizierende Maßnahmen zu unternehmen. Da im Bereich des SGB II mehr Erwerbslose registriert sind als im SGB III, sollten hier auch mehr Förderungen im Bereich der beruflichen Weiterbildung stattfinden.



Die geringen Teilnehmerzahlen im Jahr 2005 wurden mit Problemen beim Aufbau der ARGEN bzw. den Optionsgemeinden begründet. Diese Probleme sollten 2006 gelöst sein. Im Jahresdurchschnitt 2006 waren im SGB II 47.026 TeilnehmerInnen. Im Bereich des SGB III waren es mit 72.487 deutlich mehr. In den letzten drei Monaten 2006 überschritt die Teilnehmerzahl im SGB II erstmals die Zahl von 50.000 und erreichte mit 59.106 im Dezember 2006 ihren höchsten Stand seit Einführung des SGB II. Die Förderung im Bereich des SGB III scheint hingegen von einem Sollwert von etwa 70.000 Teilnehmern auszugehen. Im Jahresverlauf pendeln die Bestandszahlen um diesen Wert, im Jahresdurchschnitt wird er nur knapp übertroffen.

Ob die erfreuliche Entwicklung im Bereich des SGB II von Dauer sein wird, muss abgewartet werden.


Niedergang bei den Trainingsmaßnahmen?

Die BA hat in den zurückliegenden Jahren häufiger erklärt, den Rückgang bei der FbW zumindest teilweise durch den verstärkten Einsatz von Trainingsmaßnahmen auszugleichen. Außerdem seien Trainingsmaßnahmen besser geeignet, kurzfristig kleinere Qualifikationsdefizite auszugleichen.

Die letzten Zahlen zeigen ein anderes Bild. Gerade die hochgelobten Trainingsmaßnahmen haben zum Jahresende 2006 einen historischen Tiefstand erreicht. Mit 30.978 TeilnehmerInnen im Dezember 2006 wird der Vorjahreswert um mehr als 50 % unterschritten.



Es ist der niedrigste Wert der vergangenen 4 Jahre. Bis zum Sommer 2006 verliefen die Teilnehmerzahlen fast parallel mit den Werten aus 2005. Seit September 2006 mit noch 72.662 TeilnehmerInnen stürzen die Teilnehmerzahlen fast ins Bodenlose. Ein Grund für den plötzlichen Niedergang ist nicht erkennbar.



Diese Entwicklung ist sowohl im Bereich des SGB II wie des SGB III erkennbar. Mit 16.580 TeilnehmerInnen im Dezember 2006 im Bereich des SGB II wird der vorläufige Höhepunkt mit 49.788 TeilnehmerInnen im Oktober 2005 um fast 67 % unterschritten. Im Bereich des SGB III wurden mit 14.398 TeilnehmerInnen gut 67 % weniger TeilnehmerInnen gezählt als im April 2005, dem höchsten Stand der letzten 2 Jahre.


Wie geht es weiter mit der Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA?

Diese Frage ist und bleibt spannend.

Festzuhalten bleibt zunächst: Die Änderung der Geschäftspolitik der BA, die Weiterbildung lediglich als Mittel der kurzfristigen Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu nutzen, hat tiefe Spuren hinterlassen. Der Wegfall von zwei Dritteln der Plätze für die berufliche Weiterbildung und damit verbunden der Abbau von 40.000 bis 50.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in der Weiterbildung kommen einem Kahlschlag gleich.

Das jetzt erreichte niedrige Niveau scheint das angepeilte Ziel der BA zu sein. Mehr marktbestimmte Weiterbildung ist nicht gewollt, sozialpolitisch begründete Weiterbildung passt nicht mehr in die Geschäftspolitik.

Ohne eine Neubesinnung der BA auf ihre sozialpolitische Verpflichtung wird die berufliche Weiterbildung auf ihrem derzeit niedrigen Niveau verharren. Allein die positive Bewertung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen der Evaluation der Hartz-Gesetze wird das Ruder nicht herumreißen. Den politischen Lippenbekenntnissen zum Ausbau der Weiterbildung als 4. Säule des Bildungssystems müssen klare Vorgaben, gerade bei der BA, zu mehr beruflicher Weiterbildung folgen.


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


Sie können die aktuellen Daten zur Förderung der beruflichen Weiterbildung als exc-Datei herunterladen.

Den Artikel können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.


Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 05.01.2007