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Hartz I bis III" mit Licht und Schatten

Ein durchwachsenes Zeugnis stellen Wissenschaftler den Arbeitsmarktreformen "Hartz I bis III" aus. Im "Bericht 2006 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" werden etwa die Sperrzeitenregelungen beim Arbeitslosengeldbezug und der Existenzgründungszuschuss positiv bewertet. Schlechte Noten erhalten in dem 200-seitigen Bericht, den die Bundesregierung als Unterrichtung 16/3982 vorgelegt hat, dagegen unter anderem die so genannten Personal-Service-Agenturen (PSA).

Die PSA stellen Arbeitslose befristet ein und leihen sie mit dem Ziel der Daueranstellung vorrangig an andere Betriebe aus. Die Untersuchung ergab, dass PSA-Beschäftigte aufgrund dieser Tätigkeit aber sogar später als vergleichbare Arbeitslose einen festen neuen Job fanden. Außerdem sei das Instrument mit hohen Kosten für die Bundesagentur für Arbeit (BA) verbunden.

An der Untersuchung waren den Angaben zufolge mehr als 100 Wissenschaftler in mehr als 20 Forschungseinrichtungen beteiligt. Der Bericht ist die Zusammenfassung von mehr als 2.000 Seiten an Ergebnissen zu den einzelnen Instrumenten der 2002 beschlossenen ersten "Hartz"-Gesetze. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ("Hartz IV") ist nicht Gegenstand des Berichts, das Arbeitslosengeld II (Alg II) soll gesondert evaluiert werden. Verknüpft mit dem Bericht sind Handlungsempfehlungen der Forscher. Diese sollen nach Darstellung der Bundesregierung Ausgangspunkt sein für die im Koalitionsvertrag für 2007 anberaumte Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente.

Anders als noch im Zwischenbericht von Anfang 2006 (16/505) kommen die Wissenschaftler nun zu dem Schluss, dass sich die Integrationschancen von Arbeitslosen mit Vermittlungsgutscheinen für private Arbeitsvermittler verbessern lassen. Arbeitslose, die im Jahr 2005 einen Vermittlungsgutschein erhielten, hätten binnen vier Monaten früher eine Erwerbstätigkeit aufgenommen.

Weiterhin heißt es in dem Bericht, die Zahl der Teilnehmer an einer geförderten beruflichen Weiterbildung sei stark gesunken: von 523.000 neuen Maßnahmen im Jahr 2000 auf 132.000 im Jahr 2005 - mithin ein Rückgang von gut 75 Prozent. Zurückgeführt wird dies vor allem auf das "Creaming" - nur solche Arbeitslose erhalten eine Weiterbildung, die eine möglichst hohe Eingliederungswahrscheinlichkeit haben. Dieses Vorgehen sei "nicht aussichtsreich, solange die methodische Basis hierfür unzulänglich ist", kritisieren die Wissenschaftler.

Die Unterstützung Arbeitsloser beim Schritt in die Selbstständigkeit wird von den Forschern begrüßt. Im Jahr 2005 seien knapp 248.000 Neugründungen aus Arbeitslosigkeit von der BA gefördert worden, 37 Prozent davon in einer so genannten Ich-AG. Noch nicht untersucht ist allerdings die Zusammenlegung von Existenzgründungszuschuss und Überbrückungsgeld zum 1. August 2006.

Bei den Minijobs gab es aufgrund der seit 1. April 2003 bestehenden Neuregelung bis Mitte 2006 1,56 Millionen zusätzliche Minijobber vor allem im Nebenerwerb. Im Juni 2006 gab es etwa 6,8 Millionen Minijobber. "Dabei erweisen sich die Minijobs allerdings für Arbeitslose nicht als Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung", heißt es in dem Bericht. Mit der Neuregelung wurde die Bruttoentgeltgrenze von 325 Euro auf 400 Euro monatlich angehoben und die vorherige Arbeitszeitbegrenzung von 15 Stunden wöchentlich aufgehoben.

Der Umbau der BA verlaufe "in die richtige Richtung", heißt es in dem Bericht. Genannt werden etwa der Aufbau von Kundenzentren und die systematische Steuerung des Kundenstroms in den Arbeitsagenturen. Die Fachkräfte in den Agenturen würden etwa dadurch entlastet, dass eine Vielzahl von Anfragen bereits in Eingangszone abschließend bearbeitet werden könne. Im März 2006 habe dies auf etwa 50 bis 70 Prozent der Anliegen zugetroffen.

Den Angaben zufolge hat sich die Kundenzufriedenheit von Alg-I-Beziehern vom Frühjahr 2004 bis zum Frühjahr 2006 "insgesamt leicht verbessert". Am öffentlichen Bild der BA habe sich dagegen "wenig geändert".

Die Wissenschaftler weisen daraufhin, dass die Trennung der Trägerschaft arbeitsmarktpolitischer Leistungen für Alg I und II "eine der größten Achillesfersen der deutschen Arbeitsmarktpolitik" darstelle. So genannte Betreuungskunden, also Arbeitslose mit großen Vermittlungshemmnissen, seien von aktiven Leistungen weitgehend ausgeschlossen, da die BA erwarte, dass sie erst dann Wirkung zeigten, wenn der Betroffene nach einem Jahr vom Alg I ins Alg II gerutscht sei - sich der Einsatz also nicht mehr rechne. Die Forscher schlagen als eine Möglichkeit vor, die Kosten aktiver Leistungen für Alg-I-Bezieher mit dem so genannten Aussteuerungsbetrag zu verrechnen, wenn der Integrationserfolg erst nach Eintritt in den Alg-II-Bezug eintritt. Der Aussteuerungsbetrag von rund 10.000 Euro muss von der BA für jeden Arbeitslosen bezahlt werden, der vom Alg I ins Alg II wechselt.

Quelle: Heute im Bundestag-Meldung 31.01.2007

Den Bericht können Sie auf der Homepage des Deutschen Bundestags unter der Nummer 16/3982 als pdf-Datei herunterladen.


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 03.02.2007