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Die Teilnehmerzahlen bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA verharren auf niedrigem Niveau

In einer Presserklärung vom 29. März 2007 erklärte der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner:
„Wir freuen uns über die gute Arbeitsmarktentwicklung. Sie ist neben den konjunkturellen und klimatischen Gründen auch auf eine systematische Nutzung von Qualifizierungsmaßnahmen zurückzuführen. Es macht sich bezahlt, dass wir trotz hoher finanzieller Anspannung im letzten und diesem Jahr die Mittel für die Weiterbildung in beiden Rechtskreisen im Haushalt auf hohem Niveau festgelegt haben. Daran halten wir fest. Wegen der besonderen Bedeutung der Weiterbildung lehnen wir Forderungen nach einer weiteren Beitragssatzsenkung ab. Dies würde unmittelbar zu Lasten der Qualifizierung der Arbeitssuchenden gehen. Wir wollen eine qualitativ hochwertige und an Nachhaltigkeit orientierte Arbeitsvermittlung. Weiterbildung ist in diesem Konzept das zentrale Instrument. Die positiven Vermittlungserfolge sind hierauf zurückzuführen.“



Nachdem die Evaluation der Hartz I – III Gesetze der Förderung der beruflichen Weiterbildung insgesamt gute Noten erteilt hat, scheint der Qualifikation von Erwerbslosen wieder mehr Gewicht beigemessen zu werden. Wie sonst wäre die Pressemitteilung von Brandner zu verstehen?

Die Realität sieht anders aus. Die Förderung wurde zwischen 2000 und 2005 auf ein Drittel reduziert. Das statistische Bundesamt teilt in einer Pressemitteilung vom 4. April 2007 mit, dass die Bildungsausgaben in Deutschland rückläufig sind:
„Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2005 in Deutschland 144,8 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben (2004: 146,1 Milliarden Euro). Das entspricht einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 6,5% (2004: 6,6%). Während die Ausgaben für Bildungseinrichtungen (Kindergärten, Schulen und Hochschulen, berufliche Ausbildung) von 114,2 Milliarden Euro im Jahr 2004 auf 115,6 Milliarden Euro im Jahr 2005 erhöht wurden, gingen die öffentlichen Ausgaben für die Förderung der Weiterbildung zurück. Dieser Rückgang ist auch auf geringere Bildungsausgaben der Bundesagentur für Arbeit zurückzuführen (– 3,8 Milliarden Euro), die nur teilweise durch Ausgabenanstiege in anderen Bereichen kompensiert wurden.“

Statt einer Förderung auf hohem Niveau haben wir massive Rückgänge in der öffentlichen Förderung der beruflichen Weiterbildung von Erwerbslosen. Daran hat sich auch im ersten Quartal 2007 nichts geändert. Was sich seit der Einführung des ALG II ändert, ist die Struktur der Förderung durch die BA.

Immer weniger Bezieher von ALG I erhalten eine Weiterbildung



Im August 2005 war mit 95.396 TeilnehmerInnen der absolute Tiefpunkt in der FbW erreicht. Der leichte Anstieg danach ist nicht der Ausweitung der Förderung von Erwerbslosen durch die BA geschuldet. Im allein von der BA verwalteten Regelkreis SGB III ist die Förderung weiterhin rückläufig. Im ersten Quartal 2007 waren durchschnittlich 62.017 TeilnehmerInnen in einer beruflichen Weiterbildung. Im Jahr 2006 waren es durchschnittlich noch 72.078 oder fast 16 % mehr. Förderung auf hohem Niveau? Bei der BA ist davon nichts zu sehen.

Etwas anders sieht die Entwicklung bei Erwerbslosen aus, die sich im Rechtskreis SGB II befinden. Bis zum Ende des Jahres 2005 gab es eine Steigerung auf gut 40.000 TeilnehmerInnen. Der Wert verharrte fast ein Jahr lang auf diesem Niveau, seit September 2006 steigt die Teilnehmerzahl leicht an. Mit 57.144 erreicht sie im März 2007 ihren bisherigen Höhepunkt.

Allerdings sind in diesen Zahlen nur diejenigen erfasst, die von einer ARGE von BA und Kommunen betreut werden. Die Optionskommunen werden noch immer nicht in der zentralen Statistik ausgewertet.

Die Dauer einer beruflichen Weiterbildung hat sich massiv verkürzt

Eine zweite Tendenz hat sich weiter verstärkt, der Trend zu kurzfristigen Maßnahmen. Berufliche Weiterbildung wird verstärkt denjenigen gewährt, die mit schnellen Anpassungsqualifikationen in den Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Längere Qualifikationen zum Erwerb von Berufsabschlüssen werden immer weniger gefördert.



Bereits 2006 erreichte die Zahl der Neueintritte in FbW mit 246.789 fast den Wert aus dem Jahr 2003 (254.718). Dieser Trend ist auch 2007 erkennbar. In den ersten 3 Monaten wurden 77.003 Neueintritten gezählt; mehr als im Vergleichszeitraum 2003 (73.552).

Setzt man die Zahl der Neueintritte mit der jeweiligen Teilnehmerzahl ins Verhältnis, wird der Trend zu kurzfristigen Maßnahmen deutlich.



Bei monatlich 8,3% Neueintritten, bezogen auf die Teilnehmerzahl, würde im Laufe eines Jahres jeder Platz einmal neu besetzt. Die durchschnittliche Maßnahmendauer betrüge demnach 1 Jahr. Für die ersten 3 Monate in 2003 trifft dies zu.
Im März 2007 gibt es bereits über 25 % Neueintritte, bezogen auf die Teilnehmerzahl. Damit wird monatlich jeder vierte Platz ausgetauscht. Nach 4 Monaten wäre jeder Platz einmal neu besetzt worden. Mit einer durchschnittlichen Maßnahmedauer von 4 Monaten können hauptsächlich kurze Anpassungsqualifikationen durchgeführt werden.

Die neue Geschäftspolitik der BA, nachdem eine berufliche Weiterbildung betriebswirtschaftlich nur Sinn macht, wenn sie innerhalb des Bezuges von ALG I auch zur Vermittlung und damit zur Vermeidung des Aussteuerungsbetrags führt, prägt zunehmend die berufliche Weiterbildung der BA.



Nur die Gruppe der Beratungskunden Fördern soll nach einem internen BA-Papier in den Genuss einer Weiterbildung kommen, alle anderen Kundengruppen sind davon ausgeschlossen. Ein kurzes Profiling eines Beraters, dessen Ergebnis weder nachprüfbar noch anfechtbar ist, entscheidet über die Chance, an einer beruflichen Weiterbildung teilnehmen zu dürfen.

Ausgaben für die berufliche Weiterbildung auf niedrigem Niveau

Mit der niedrigen Teilnehmerzahl im Bereich des SGB III spart die BA kräftig an der beruflichen Weiterbildung. Im Regelkreis des SGB III wurden 2006 insgesamt 527 Millionen Euro für die Weiterbildung ausgegeben. Ein Jahr davor waren es mit 653 Millionen Euro noch fast 20% mehr.



Verglichen mit dem letzten Jahr vor der Einführung des ALG II fällt der Rückgang wesentlich dramatischer aus. In 2004 wurden für die Weiterbildung 1.440 Millionen Euro ausgegeben, über 63 % mehr als 2006.

Die Ausgaben in 2004 beziehen sich jedoch auf alle Förderungen, das heißt auf das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe. Ab 2005 gibt die BA in ihrem Geschäftsbericht nur den Betrag im Bereich des SGB III an, die Ausgaben für FbW im Bereich des SGB II sind nicht enthalten.

Trainingsmaßnahmen nehmen leicht zu



Die Zahl der TeilnehmerInnen von Trainingsmaßnahmen hat sich in 2006 gegenüber 2005 nicht verändert. Der durchschnittliche Bestand betrug 70.155 gegenüber 69.000 in 2005. In den ersten 3 Monaten 2007 liegt die Teilnehmerzahl jeweils über den Vergleichswerten von 2006. Im Durchschnitt waren es 69.040, in 2006 waren in den ersten 3 Monaten 62.093 TeilnehmerInnen in Trainingsmaßnahmen.

Auch hier ist die Entwicklung in den Rechtskreisen SGB III und SGB II unterschiedlich verlaufen. Es gab im Gegensatz zu FbW keine Anlaufschwierigkeiten beim SGB II. Die Förderung erreichte bereits Mitte 2005 das Niveau des Regelkreises SGB III.



2005 haben die ARGEn Trainingsmaßnahmen mehr eingesetzt als die BA. Seit 2006 verlaufen die Teilnehmerzahlen bei der BA und den ARGEn parallel. Trainingsmaßnahmen unterliegen zudem jahreszeitlichen Einflüssen. In den Sommermonaten und im Dezember gibt es regelmäßig einen deutlichen Rückgang, im Herbst scheint die Maßnahme besonders beliebt zu sein.

Auch bei Trainingsmaßnahmen hat die BA gegenüber 2005 massiv Gelder eingespart. Gab sie 2004 noch 496 Millionen Euro aus, so waren es 2006 mit 166 Millionen Euro 66,5 % weniger.

Ausblick

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA tritt auf der Stelle. Solange die BA Qualifizierungen lediglich als kurzfristiges Mittel zur Kostensenkung und nicht als langfristig wirksames Mittel zur Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit betrachtet, wird sich daran nichts ändern. Die Politik ist aufgefordert, den Sonntagsreden nach mehr Bildung und Weiterbildung auch Beschlüsse folgen zu lassen. Dazu gehört, die berufliche Weiterbildung nicht länger als Spielball eines betriebswirtschaftlichen Kostensenkungs- und damit Beitragssenkungsprogramm der BA zu betrachten. Weiterbildung ist eine Investition in die Zukunft! Berufliche Weiterbildung durch die BA ist in erster Linie Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik und damit einer den Menschen verpflichteten Sozialpolitik. Daran sind ihre Erfolge zu messen.


Peter Schulz-Oberschelp
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Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 06.04.2007