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Ausbaufähig: Weiterbildung in Deutschland

Weiterbildung im Urlaub - mit diesem Vorschlag mitten in der diesjährigen Ferienzeit hatte sich DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben nicht gerade Freunde gemacht. Sein Argument: Deutschland habe zusammen mit Schweden die meisten Urlaubs- und Feiertage; da sei genug Luft für beides: Erholung und Weiterbildung. Investieren die Deutschen zu wenig in ihre Weiterbildung? Die Zahlen belegen etwas anderes.


Lebenslanges Lernen: Deutschland nur im Mittelfeld - Unternehmen und Staat ziehen sich immer mehr aus der Finanzierung von Weiterbildung zurück. Seit 2000 haben Bund, Länder und Kommunen ihre Ausgaben um 332 Millionen Euro (21,5 Prozent) reduziert. Daneben wachsen die Ausgaben der privaten Haushalte für berufliche Weiterbildung. Auf knapp 40 Prozent schätzt das Bundesinstitut für Berufsbildung deren Anteil an den insgesamt etwa 35 Mrd. Euro, die jährlich für Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben werden. Oder konkret: In Deutschland zahlen derzeit Jahr für Jahr etwa 27,8 Millionen Menschen 13,9 Milliarden Euro für ihre Weiterbildung. Deren Motivation ist unterschiedlich: Über die Hälfte lernt, um sich persönlich weiterzuentwickeln. 22 Prozent büffeln für mehr Gehalt und 17 Prozent für den Karrieresprung. Und 30 Prozent bilden sich weiter, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Alle diese Anstrengungen werden pro Jahr hierzulande mit mindestens 720.000 Abschlüssen und Zertifikaten in Sachen Weiterbildung belohnt.


Nur Mittelklasse
Dennoch liegt Deutschland in der aktuellen Bildungsstudie der OECD beim lebenslangen Lernen nur im Mittelfeld. Zur vierten Säule des Bildungssystems will die Koalition deswegen die Weiterbildung ausbauen und dafür unter anderem Weiterbildungsprämien einführen. Damit sollen Beschäftigte mit niedrigen Einkommen zur Weiterbildung motiviert werden. Sie können 154 Euro Unterstützung für entsprechende Maßnahmen erhalten. Auch die Vermögensbildung soll fürs Lernen genutzt werden können. Um teurere Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen, plant die Regierung außerdem Weiterbildungsdarlehen ähnlich den Studienkrediten.


Weiterbildungs-BAföG?
Gegen eine Weiterbildung auf Pump hat sich allerdings unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vehement gewehrt. Deren Vorsitzender, Ulrich Thöne, schlug stattdessen die Einführung eines Erwachsenen-BAföGs vor: "Nicht nur Manager haben das Recht auf lebenslanges Lernen. Wir müssen viel mehr Menschen – gerade auch mit niedrigen Abschlüssen, Arbeitslose, Alleinerziehende und Migranten - für die Weiterbildung gewinnen. Sie brauchen diese Qualifikation als Grundlage, um sich in Gesellschaft und Beruf zu integrieren." Insgesamt, so die Gewerkschaft, gingen Weiterbildungsprämien, die Förderung der Vermögensbildung und groß angelegte Darlehensprogramme an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei.

Ob dies zielführend und auch bezahlbar ist, wird bezweifelt. Eines aber ist sicher: Das Thema Lebenslanges Lernen hat an Gewicht gewonnen. Das bekommen auch die Weiterbildungsanbieter in Deutschland zu spüren. Sie schätzen nämlich ihre aktuelle wirtschaftliche Situation überwiegend positiv ein. So das Ergebnis einer Umfrage, die das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) in diesem Jahr durchgeführt hat.


Dazu auf der didacta 2008 in Stuttgart:
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln geht der Frage "Bildungsfinanzierung: Private Eigenvorsorge oder staatliche Daseinsvorsorge?" nach. Der Vortrag von Prof. Dr. Dieter Timmermann, Universität Bielefeld, und die anschließende Podiumsdiskussion "Bildungsfinanzierung: Wie sich staatliche Daseinsvorsorge durch private Eigenvorsorge verbessern lässt" finden am Freitag, 22. Februar von 11 Uhr bis 13 Uhr im Forum Weiterbildung in Halle 7 statt.


Quelle: bildungsklick.de vom 17.12.2007

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 20.12.2007