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Erheblich mehr Neueintritte bei der beruflichen Weiterbildung – aber im Schnitt keine Steigerung der Teilnehmerzahlen

Die Zahl der Neueintritte lagen 2007 mit gut 337.000 deutlich über denen des Jahres 2003 (254.700). Das sind aber immer noch deutlich weniger als in den Jahren 2001 und 2002, da waren es 441.900 bzw. 454.700. Richtig ist aber auch, dass seit 2005 im Jahresdurchschnitt nur knapp 120.000 TeilnehmerInnen gezählt werden, deutlich weniger als noch 2002. Da waren es 339.900. Die BA favorisiert seitdem kurzfristige Qualifizierungsmaßnahmen. Das treibt den Wert für die Neueintritte in die Höhe. Doch die Investitionen in Weiterbildung gehen weiter zurück, insbesondere im Bereich des SGB III. In den ersten drei Quartalen 2007 waren es 375 Millionen Euro. Im Vergleichzeitraum 2004 wurden 1.119 Millionen Euro oder dreimal soviel Gelder in Weiterbildung investiert. Und das Jahr 2004 war kein gutes Jahr für die berufliche Weiterbildung.



Mit durchschnittlich 114.350 TeilnehmerInnen hatte die berufliche Weiterbildung einen absoluten Tiefstand erreicht. 2007 waren es 123.640, ca. 7,5 % mehr. Verglichen mit den Zahlen vom Anfang des Jahrtausends (2000 – 2002) entspricht das einem Rückgang von gut 64 %. Da waren es noch 345.000! Zwei Drittel der Förderung der beruflichen Weiterbildung sind in dieser Zeit dauerhaft abgebaut worden. Wer da von vermehrten Investitionen in die berufliche Weiterbildung spricht, kennt entweder die Fakten nicht; oder er ignoriert sie einfach.

Um besser dazustehen, argumentiert die BA lieber mit den Zahlen der Neueintritte. Sie würden deutlich zeigen, dass die BA wieder vermehrt in die Weiterbildung investieren würde. Dieser positive Eindruck kann nur entstehen, wenn man nur die Entwicklung der letzten drei Jahre betrachtet. Da sind die Neueintritte um gut 250 % gestiegen. Vergleicht man die Werte wiederum mit den Daten aus den Jahren 2000 – 2002, kehrt sich das Bild um. Da bekamen ca. 473.000 Erwerbslose jährlich eine Weiterbildung durch die BA gefördert. Das sind 135.000 oder fast 40 % mehr TeilnehmerInnen im Jahr! Der positive Trend verfliegt, wenn die Zahlenreihe verlängert wird.



Im Durchschnitt kaum erhöhte Teilnehmerzahlen

Betrachtet man die Entwicklung der durchschnittlichen Teilnehmerzahlen, erkennt man den Rückgang der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) durch die BA. Lagen die durchschnittlichen Teilnehmerzahlen zwischen 2000 und 2002 noch bei gut 340.000, sind es zwischen 2005 und 2007 nur noch gut 120.000. Das entspricht einem Rückgang von etwa 65 %. Für die Aktivitäten der BA in der beruflichen Weiterbildung sind die durchschnittlichen Teilnehmerzahlen bedeutsam, nicht die Zahl der Neueintritte.

Im Durchschnitt 65 % oder 2/3 weniger Teilnehmer entspricht einem Abbau von 2/3 der Teilnehmerplätze in der Weiterbildung. Würde die BA nur noch 1-Tagesseminare fördern, könnte sie Millionen von Neueintritten zählen, ohne ihre gesamten Anstrengungen in der beruflichen Weiterbildung zu verstärken. Mit der neuen betriebwirtschaftlichen Steuerungslogik werden Mittel für die berufliche Weiterbildung nur noch dann gewährt, wenn sie vermutlich unmittelbar in eine neue Beschäftigung münden. Solche Maßnahmen begünstigen bestimmte Gruppen am Arbeitsmarkt. Menschen mit einer beruflichen Ausbildung, die lediglich eine Auffrischung ihrer Kenntnisse benötigen. Die anderen, insbesondere geringqualifizierte Erwerbslose fallen dagegen aus der Förderung raus. Sie benötigen zu langfristige und damit betriebswirtschaftlich für die BA nicht sinnvolle Umschulungen mit berufsqualifizierendem Abschluss.



Die selektive Wirkung der neuen Förderpraxis wird besonders deutlich bei der Vergabe von Bildungsgutscheinen. Nach einer Untersuchung von Dr. Thomas Kruppe vom IAB hatten über 60 % der Empfänger eines 1. Bildungsgutscheins im Jahr 2005 die mittlere Reife mit einem Berufsabschluss. Lediglich 2-3% der Empfänger waren Erwerbslose ohne Schul- und Ausbildungsabschluss oder nur mit Ausbildungsabschluss. Die anderen Empfänger von Bildungsgutscheinen hatten höhere Ausbildungsabschlüsse.

Bei diesen Personengruppen sind kürzere Maßnahmen sinnvoll. Die Förderung aber fast nur noch auf diese Gruppe zu konzentrieren, macht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht der BA Sinn. Volkswirtschaftlich grenzt sie Menschen dauerhaft von einer existenzsichernden Beschäftigung aus.

Dividiert man die Zahl der Neueintritte in FbW durch die durchschnittliche Teilnehmerzahl, so erhält man die Umschlagshäufigkeit, mit der ein Platz in einer Weiterbildungseinrichtung im Jahr neu besetzt wird. Im Jahr 2007 nutzten im Durchschnitt 2,73 TeilnehmerInnen nacheinander einen Ausbildungsplatz. Nimmt man weiter an, das ein Ausbildungsplatz lediglich 11 Monate im Jahr genutzt wird (Kalenderjahr minus 4 Wochen Betriebsurlaub), so kommen wir auf eine durchschnittliche Teilnahmedauer von exakt 4 Monaten.

Da Bildungsgutscheine häufig für einen Zeitraum von 3 Monaten ausgegeben werden, erklärt sich die Differenz zwischen der durchschnittlichen Teilnahmedauer von 4 Monaten und der Länge eines Bildungsgutscheins durch TeilnehmerInnen, die längere Maßnahmen bewilligt bekommen haben. Viele können das nicht sein.

Bildet man die selben Kennziffern für die Jahre 2000 und 2001 (die Zeit vor der Umstellung auf die neue Förderpolitik), erhalten wir durchschnittliche Teilnehmerzahlen auf einem Ausbildungsplatz von 1,53 bzw. 1,25. Das entspricht einer durchschnittlichen Maßnahmedauer von 7,2 bzw. 8,8 Monaten. Auch zu dieser Zeit gab es kurzfristige Anpassungsqualifikationen für Erwerbslose mit einem Ausbildungsabschluss. Allerdings dominierten sie nicht die Förderpraxis der BA.




Kaum Bewegung bei den Trainings- und Eingliederungsmaßnahmen

Die Förderung von Trainings- und Eingliederungsmaßnahmen ist 2007 geringfügig schwächer ausgefallen als 2006. Von den hohen Teilnahmezahlen in den Jahren 2003 und 2004 ist nichts mehr zu spüren.

Die Teilnehmerzahl bewegt sich im Jahresmittel zwischen 50.000 und 75.000 TeilnehmerInnen. Im Frühjahr war die Förderung etwas höher, mit der Spitze von 83.928 TeilnehmerInnen im März. Seit Juni 2007 liegen die Teilnehmerzahlen in jedem Monat unter denen aus dem Jahr 2006.

Bei der Gegenüberstellung von FbW- und Trainingsmaßnahmen werden Extreme sichtbar. Auf der einen Seite tendenziell durch Bildungsgutscheine und Anerkennungsverfahren hoch regulierte und teure Maßnahmen, auf der anderen Seite unregulierte und im Vergabeverfahren auf Billigangebote zielende Maßnahmen bei Trainingsmaßnahmen, bei denen bereits Stundensätze unter 1 Euro je Teilnehmerstunde vorkommen. In Teilen zielen Trainingsmaßnahmen lediglich auf einen Test der Arbeitsbereitschaft ab, ein Qualifizierungsbestandteil ist kaum noch zu erkennen.




Ausgabenentwicklung der BA

Die Ausgabenentwicklung der BA im Bereich der beruflichen Weiterbildung lässt keine vermehrten Anstrengungen der BA erkennen. Für den Bereich FbW hat die BA 493 Millionen Euro in 2007 aufgewendet. Das sind gerade einmal 10 Millionen oder 2 % mehr als in 2006. Da die BA bei Bildungsgutscheinen nicht das Instrument der Ausschreibung nutzen kann, konnte ein weiteres Preisdumping aufgrund der Zuständigkeit der Fachkundigen Stellen (FKS) gestoppt werden. Allerdings bewegen sich die Ausgaben weiterhin auf sehr niedrigem Niveau.

Im Bereich der Trainingsmaßnahmen gingen die Ausgaben weiter zurück. 2006 gab die BA 147 Millionen Euro für Trainingsmaßnahmen aus, 2007 waren es 14,3 % weniger. Die ausgewiesenen 126 Millionen Euro zeugen von einem weiteren, inzwischen desaströsen Preisverfall in diesem Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Von Qualität kann bei Entgelten von unter einem Euro je Teilnehmerstunde nicht mehr gesprochen werden, und sie wird wohl auch nicht erwartet.



Sollte es kein Umschenken bei der BA im Bereich der beruflichen Weiterbildung geben, weg von einer rein einzelwirtschaftlich-betriebswirtschaftlich Betrachtung eines ausgeglichenen Haushalts hin zu sozialpolitisch notwendigen und staatlich finanzierten Bildungschancen für alle, wird sich daran nicht ändern. Dann sind mehr als magere 500 Millionen Euro jährlich für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht drin. Wenn die Politik wirklich mehr berufliche Weiterbildung will, muss sie bereit sein, die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. Der Haushalt der BA zeugt davon, dass die Politik dazu nicht bereit ist. Den öffentlichen Aufrufen für mehr Weiterbildung folgen in schöner Regelmäßigkeit die Kürzungen im Bereich der Förderung der Weiterbildung.


Peter Schulz-Oberschelp
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Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009