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Die Krise trifft ältere und jüngere Beschäftigte besonders stark

Von den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt sind bisher Jüngere unter 25 Jahren sowie Ältere über 55 Jahre besonders betroffen. Bei Jüngeren und Älteren stieg im Mai 2009 die Arbeitslosigkeit mehr als dreimal so stark an wie die Arbeitslosigkeit insgesamt. In beiden Altersgruppen ist die Arbeitslosigkeit besonders im Westen gestiegen und betrifft deutlich mehr Männer als Frauen.

In der Krise trennen sich die Unternehmen zuerst von Beschäftigten, deren Beschäftigungsschutz relativ gering ist (z.B. Zeitarbeiter, befristet Beschäftigte), was oft junge Arbeitnehmer/innen betrifft. Zweitens sind Beschäftigte betroffen, die aus Arbeitgebersicht scheinbar weniger leisten können. Das sind leider immer noch ältere Beschäftigte. In Verbindung mit auslaufenden vorruhestandsähnlichen Regelungen werden ältere Beschäftigte somit zunehmend arbeitslos, ohne dass der Kündigungsschutz dies verhindern konnte. Die „neuen“ Arbeitslosen beider Altersgruppen führen zunächst zu einem Aufwuchs der Arbeitslosen im SGB III-Rechtskreis und dann zeitverzögert im SGB II. Das Risiko, dauerhaft in Arbeitslosigkeit zu verbleiben, ist für Ältere deutlich höher. Bei Jüngeren tritt dafür stärker das Problem auf, direkt aus Erwerbstätigkeit in Hartz IV-Bedürftigkeit abzurutschen, da sie noch keinen Versicherungsschutz über die Arbeitslosenversicherung aufbauen konnten.

Für Jüngere wie Ältere wird sich die Situation voraussichtlich noch weiter verschärfen. Die Zahl der Ausbildungsplätze geht in der Krise zurück und Ausgelernte werden seltener übernommen. Aus dem engen Zusammenhang von Bildungsniveau und Arbeitsmarktrisiko werden bisher nur unzureichend Konsequenzen gezogen. Die betriebliche Weiterbildung lässt gerade bei den Risikogruppen Geringqualifizierte und Ältere noch viel zu tun übrig. Die Arbeitsmarktsituation der Älteren wird sich vor dem Hintergrund der Anhebung des Rentenalters, den Einschnitten bei der Erwerbsminderungsrente und dem Auslaufen der BA-geförderten Altersteilzeit eher noch verschlechtern. Langzeitarbeitslosigkeit und Altersarmut im großen Umfang drohen, wenn Betriebe und Politik nicht umdenken.


Forderungen des DGB

Verbesserungen der Arbeitsmarktlage Jugendlicher müssen bereits frühzeitig eingeleitet werden. Dazu zählt eine Verbesserung der schulischen Bildung. Die Bundesländer müssen mehr in die schulische Bildung investieren und ein Sofortprogramm zur Verringerung der Schulabbrecher-Zahlen vorlegen. Die beim Bildungsgipfel zwischen Bundesregierung und Bundesländer vereinbarte Halbierung der Schulabbrecherzahl muss durch einen verbindlichen Fahrplan, wer was bis wann macht, konkretisiert werden. Die Länder müssen aktiv werden und für ihren Bereich in die Nachweispflicht genommen werden. Bundesweite Durchschnittszahlen sind nicht hinreichend.

Der sich für dieses Ausbildungsjahr abzeichnende Rückgang bei der Zahl betrieblicher Ausbildungsplätze muss verhindert werden. Hier sind die Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen. Zumindest müssen sie ihren Verpflichtungen aus dem Ausbildungspakt nachkommen. Nur wenn trotz aller Anstrengungen die Ausbildungsplatzlücke in der Krise nicht zu vermeiden ist, müssen außerbetriebliche Angebote vorübergehend die Lücke füllen.

Der gewerkschaftlichen Forderung nach Einbeziehung von Ausgelernten und befristet Beschäftigten in die geförderte Kurzarbeit ist der Gesetzgeber inzwischen nachgekommen.

Der neue Rechtsanspruch auf Nachholung des Hauptschulabschlusses muss ergänzt und auf eine Steuerfinanzierung umgestellt werden. Denn bisher sind es nur die Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung, die für schulische Versäumnisse nachträglich aufkommen müssen.

Dabei ist Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von Allen zu finanzieren ist. Wir brauchen zudem ein Erwachsenen-Bafög, denn lebenslanges Lernen muss die Möglichkeit beinhalten, Schul- und Berufsabschlüsse nachzuholen. Dafür braucht es ein abgestuftes System von staatlichen Zuschüssen und Darlehen. Für Geringqualifizierte ist darüber hinaus ein steuerfinanziertes Sofortprogramm zum Nachholen eines Berufsabschlusses für Beschäftigte notwendig.

Damit gerade junge Menschen in den Schutz der Arbeitslosenversicherung gelangen können, muss die Rahmenfrist für den Arbeitslosengeldanspruch von zwei auf drei Jahre verlängert werden. Das hilft, Beschäftigte mit Kurzzeit-Verträgen besser abzusichern.

Bei den Älteren muss alles getan werden, um den Verlust des Arbeitsplatzes zu vermeiden. Sollte dies nicht zu verhindern und eine Rückkehr in den 1. Arbeitsmarkt auch mit Förderung nicht realistisch sein, ist öffentlich geförderte Beschäftigung in sozialversicherungspflichtiger Form die bessere Alternative zu Arbeitslosigkeit und 1-Euro-Jobs. Zudem sollte eine Erwerbsminderungsrente auch dann in Betracht kommen, wenn im konkreten Fall kein Arbeitsplatz angeboten werden kann.

Die BA-geförderte Altersteilzeit muss verlängert werden, weil sie eine Brücke in Beschäftigung für Jüngere und in einen Ruhestand in Würde für Ältere sein kann. Sie sollte stärker auf die Einstellung von Azubis fokussiert werden.


Quelle: Arbeitsmarkt aktuell 07/2009, DGB


Sie können die vollständige Ausgabe von Arbeitsmarkt aktuell hier als pdf-Datei herunterladen.


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Ältere Beschäftigte, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 23.07.2009