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"Auftraggeber in die Pflicht nehmen!“ – 30.000 ver.di-Mitglieder sind selbstständig tätig.

Von der Arbeit leben können

ver.di ist die Gewerkschaft der abhängig Beschäftigten und Erwerbslosen ebenso wie der Selbstständigen, lautete 2001 das klare Statement des Gründungskongresses. Rund 30.000 Selbstständige sind inzwischen ver.di-Mitglied und können hier ihre Interessen bündeln, gemeinsam handeln. Hier bekommen sie Beratung und Unterstützung bei ihren oft sehr speziellen Problemen.

In ver.di organisieren und vernetzen sich die sogenannten Solo-Selbstständigen, die allein und oft abhängig von Auftraggebern arbeiten. Sie haben keine Angestellten, und ihre Einkünfte bewegen sich zwischen komfortabel und dem Existenzminimum: selbstständige Physiotherapeuten, freiberufliche Dozent/innen , Journalis-ten, Künstler/innen, IT-Fachleute, Kleinstdienstleister und andere. Rund 2,4 Millionen Menschen in der Bundesrepublik sind derzeit als Solo-Selbstständige erwerbstätig. Von 2002 bis 2007 war deren Zahl um ein Viertel angewachsen und steigt weiter.


Oft die einzige Chance zur Erwerbstätigkeit

Sicher: Viele Selbstständige entscheiden sich bewusst und überzeugt für diese Erwerbsform. Doch gerade in den letzten Jahren senken mehr und mehr Unternehmen durch Outsourcing und den Einsatz von Honorarkräften ihre Kosten. So werden viele ehemalige Angestellte zu Selbstständigen, manche arbeiten für ihre ehemaligen Arbeitgeber - nur dass sie dafür weniger Geld bekommen und zudem alle Risiken selbst tragen müssen.

Für viele Betroffene ist die Selbstständigkeit dabei die einzige Chance zur Erwerbstätigkeit. Das ist durchaus politisch gewollt, und viele Existenzgründer/innen werden - allerdings nur in der Einstiegsphase - staatlich unterstützt. Spätestens wenn diese Förderungen auslaufen, zeigen sich die Lücken im System: Vor allem die soziale Absicherung ist für einen großen Teil der Solo-Selbstständigen finanziell nicht leistbar. Oder der Zugang zu diesen Sicherungssystemen ist ihnen versperrt. Hier will ver.di ansetzen: "Die politischen Rahmenbedingungen müssen so verändert werden, dass Selbstständige von ihrer Arbeit leben und Vorsorge fürs Alter, für den Krankheitsfall oder Auftragslosigkeit treffen können", unterstreicht Veronika Mirschel vom Referat Selbstständige beim ver.di-Bundesvorstand.

Rund 50 Expert/innen aus Wissenschaft, Politik und Institutionen dis-kutierten am 26. August in der Berliner ver.di-Zentrale über die wichtigsten Probleme der sozialen Sicherung von Solo-Selbstständigen und erste Lösungsansätze. Elke Hannack, im ver.di-Bundesvorstand für Sozialpolitik verantwortlich: "Wir fordern existenzsichernde Einkünfte und den Zugang zu sozialen Sicherungssystemen - für Selbstständige ebenso wie für abhängig Beschäftigte." Mit drei während der Tagung präsentierten Einzelfällen wurde deutlich, wie prekär die Situation für Einzelunternehmerinnen wird, wenn sie z. B. die Beiträge zur Krankenversicherung nicht mehr bezahlen oder keinerlei Altersvorsorge betreiben können. "Die Sozialgesetzgebung ist noch immer am Normalarbeitsverhältnis ausgerichtet", erläuterte Veronika Mirschel, zudem würden "die Risiken von den Auftraggebern auf die Selbstständigen verlagert."


Pflichtabgaben der Auftraggeber denkbar

In drei Workshops diskutierten die Teilnehmer/innen zu den Themen Krankenversicherung, Altersversorgung und Arbeitslosenversicherung und erarbeiteten Lösungsvorschläge. In der Abschlussrunde im Plenum wurde deutlich, dass die Kernprobleme auf allen drei Feldern ähnlich gelagert sind: "Wir müssen erreichen, dass die Auftraggeber in die Pflicht genommen werden", resümierte DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach. So seien Pflichtabgaben der Auftraggeber zur Sozialversicherung - ebenso wie für Angestellte durch den Arbeitgeber - denkbar. Die derzeit bis 2010 befristete freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige müsse unbefristet fortgeführt und der Zugang für alle Selbstständigen ermöglicht werden. Ebenso müsse dafür gesorgt werden, dass sich die seit April 2007 bzw. Januar 2009 bestehende Krankenversicherungspflicht für alle Solo-Selbstständigen an deren tatsächlichen Einkünften orientiere, damit sie bezahlbar sei und bei einer Anmeldung nicht rückwirkend erhoben würde.


Quelle: verdi.news 12/2009

Sie können das ausführliche Programm zur sozialen Ansicherung von Selbstständigen von ver.di hier als pdf-Datei herunterladen.

Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Freiberufler/Selbstständige, Volkshochschule
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 02.09.2009