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Entschließung des Kuratoriums der Bundeszentrale für politische Bildung

Demokratie braucht politische Bildung

Wenn wir uns die Freiheit erhalten wollen, unsere Zukunft zu gestalten, dann ist das Gebot der Stunde, die öffentlichen Haushalte auf eine solide Grundlage zu stellen. Je schmaler die Finanzgrundlagen der öffentlichen Hand sind, umso kleiner werden ihre politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Neben der Erhöhung der Einnahmen, ist das Sparen die zweite große Stellschraube, die den politisch Verantwortlichen zur Verfügung steht. Kürzungen müssen aber mit Maß und Ziel erfolgen, sollen sich nicht gegenteilige Effekte einstellen. Aus dieser bewährten Erkenntnis heraus hat die Bundesregierung beschlossen, den Bereich der Bildung von allen Sparmaßnahmen auszunehmen, der Bildungsetat wurde sogar um 7,2 Prozent erhöht. Bildung gilt als zentrale Investition in unsere Zukunft und wird zu Recht als Grundvoraussetzung für politische Teilhabe und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gesehen.

Bei der staatlichen politischen Bildung wurde im Haushalt 2011 jedoch eine Ausnahme gemacht: Beim Haushalt der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), dem größten Anbieter politischer Bildung in Deutschland, sind empfindliche Kürzungen der Sachmittel vorgenommen worden. Dies ist bedenklich, leistet doch diese Einrichtung wie auch die vielen anderen engagierten Akteure der politischen Bildung seit vielen Jahrzehnten einen zentralen Beitrag zur Stabilität unserer Demokratie. Die Bundeszentrale verfügt über eine große Multiplikatorwirkung im öffentlichen Diskurs zur Erziehung zur Demokratie.

Dieser bewährte Dienst an unserem Gemeinwesen muss auch zukünftig aller Unterstützung wert sein. Gerade in Deutschland sollte man nicht vergessen, dass die Demokratie als offenste und menschenfreundlichste aller Staatsformen tagtäglich neu gelehrt und gelernt, gestaltet und bewahrt werden muss. Außerdem zeigen regelmäßig wiederkehrende Forderungen nach plebiszitären Elementen, dass die Möglichkeiten der Mitwirkung in unserem demokratischen System besser bekannt gemacht und genutzt werden müssen. Bisher war es um die politische Bildung in Deutschland gut bestellt: Gerade der europäische Vergleich macht deutlich, dass es in unserem Land ein weit gespanntes Netz politischer Bildung gibt. Die Pluralität der Institutionen entfaltet dabei eine besondere Attraktivität, die bei unseren europäischen Partnern zu Gründungsaktivitäten mit vergleichbarer Zielrichtung geführt hat. Diese spiegelt sich in der Vielzahl der Institutionen wider: So gibt es gleichberechtigt neben der bpb in fast allen Bundesländern überparteilich arbeitende Landeszentralen für politische Bildung. Komplettiert werden sie durch die parteinahen Stiftungen und die vielen kleineren und größeren freien Träger politischer Bildung.

Setzen sich die für die Bundeszentrale geplanten Kürzungen auch im Haushalt 2012 ff fort, so droht dem gesamten Netzwerk der politischen Bildung eine Zerreißprobe. Zurzeit erhalten aus dem Haushalt der bpb über 400 freie Einrichtungen substanzielle Fördermittel. Gravierende Einschnitte bei den Haushaltsmitteln der bpb würden zwangsläufig auch die Träger treffen, wodurch nicht wenige in existenzielle Not gerieten. Der Sparkurs der Bundesregierung könnte zudem von klammen Landesregierungen und einnahmeschwachen anderen Förderern zum Anlass genommen werden, ihre Mittel für die politische Bildung ebenfalls auszudünnen.

Niemandem kann an einer solchen Entwicklung gelegen sein, stehen doch bekanntermaßen Staat und Gesellschaft in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen: Es gilt, dem Vertrauensverlust zwischen den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft einerseits und den Bürgerinnen und Bürgern andererseits entgegenzuwirken, das ausgeprägte Desinteresse vieler Teile der Bevölkerung an unserer Demokratie und ihren Institutionen ins Gegenteil zu verkehren und alles zu fördern, was unserer Gesellschaft Halt und Perspektive bietet.

Hierzu ist die politische Bildung unabdingbar. Mit der Erfahrung aus vielen Jahrzehnten kann sie nicht nur über die Aufgaben und Funktionsweisen unserer demokratischen Einrichtungen aufklären, sondern auch zur aktiven Mitgestaltung politischer Prozesse ermuntern. In dieser Situation, in der politische Bildung mehr denn je gebraucht wird, wäre es daher fatal, ihre Institutionen und deren Spielräume zu beschneiden.

Deshalb fordert das Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung die Bundesregierung auf, im Entwurf des Bundeshaushalts 2012 ff auf die geplanten Kürzungen im Bereich der politischen Bildung zu verzichten. Die Mitglieder des Kuratoriums appellieren an die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss, ebenso zu verfahren. Stärkung nicht Schwächung der politischen Bildung liegt im ureigensten Interesse der Politik.


Berlin, 24. Februar 2011


Quelle: Deutscher Bundestag, Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung


Schlagworte zu diesem Beitrag: Lebenslanges Lernen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.03.2011