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.info netzwerk-weiterbildung 05/11

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Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

im letzten Jahr hatte die Bundesregierung beschlossen, die Haushaltsmittel fuer die aktive Arbeitsmarktpolitik dauerhaft um mehrere Milliarden Euro im Jahr zu kuerzen. Gleichzeitig sollten die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf ihre Wirksamkeit hin ueberprueft und ein weiteres mal "reformiert" werden. Zwei Beschluesse, die offensichtlich nicht zusammen passen. Wenn eine ernsthafte Ueberpruefung der Wirksamkeit die weitere Nutzung von Instrumenten als sinnvoll anzeigen wuerde, muessten auch die entsprechenden Mittel dafuer zur Verfuegung stehen. Dann ist es jedoch nicht moeglich, gleichzeitig eine vom Finanzministerium vorgegebene Kuerzung der Mittel auf Teufel komm raus durchzusetzen.

Deshalb geschah, was geschehen musste. Letztlich lief die Diskussion ueber Sinn oder Unsinn bestimmter Instrumente ins Leere. Das Arbeitsministerium sollte und wollte die Sparziele erbringen, Das hat sie mit dem Haushalt 2012 auch getan. Die von vielen Beteiligten engagierte inhaltliche Debatte ueber die arbeitsmarktpolitischen Instrumente lief letztlich ins Leere. Die Milliardenkuerzungen mussten her. Darum wurden etliche Foerdermassnahmen drastisch gekuerzt.

Bei der Foerderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) gestaltete sich die Sache schwierig. Einerseits ergaben alle zuletzt durchgefuehrten Untersuchungen positive Effekte. Wobei langfristige, auf berufliche Abschluesse ausgerichtete Weiterbildungen deutlich besser abschnitten als kurze Anpassungsqualifikationen. Und im Fruehjahr 2011 begann die Debatte ueber den "Fachkraeftemangel", dem letztlich nur mit Bildung und Weiterbildung begegnet werden koenne. Die berufliche Weiterbildung zu verteufeln und damit eine Begruendung fuer die Mittelkuerzungen zu erhalten, diese Masche zog jetzt nicht mehr.

Eine neue Sprachregelung musste her. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat sie in der Bundestagsdebatte ueber ihren Haushalt 2012 am 8. September 2011 im Bundestag mit knappen Worten vorgegeben: "Der naechste Schwerpunkt, der mir wichtig ist, ist Weiterbildung und Qualifizierung. 2005 haben wir bei 5 Millionen Arbeitslosen 2 Milliarden Euro in Weiterbildung investiert. Heute, bei weniger als 3 Millionen Arbeitslosen, haben wir die Mittel auf 3 Milliarden Euro gesteigert. Das heisst: Wir investieren ganz gezielt in Weiterbildung, weil das auch die Grundlage dafuer ist, dass wir in der Zukunft ausreichend Fachkraefte haben."

Ploetzlich hiess es, die pro Kopf Foerderung je Erwerbslosen in der Weiterbildung sei gestiegen. Die Bundesregierung habe ihre Investitionen in der beruflichen Weiterbildung daher erhoeht. Man muesse die Zahlen bitteschoen nur richtig deuten. Was ist von diesem Argument zu halten? Schauen wir uns die Entwicklung in der Foerderung der beruflichen Weiterbildung im Bereich des SGB II/III an. Im September 2009 gab es 212.666 TeilnehmerInnen in diesen Massnahmen. Im September 2011 waren es 149.300, ein Rueckgang von fast 30 %. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der registrierten Erwerbslosen von 3.346.459 auf 2.795.570 zurueck; ein Rueckgang von 16,4 %. Die Kuerzung im Bereich der beruflichen Weiterbildung ist doppelt so hoch wie der Rueckgang der Erwerbslosen. Es gibt daher nicht mehr Geld, sondern weniger Geld fuer die berufliche Weiterbildung, bezogen auf jeden Erwerbslosen.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, welche Mittel die Ministerin jeweils dem Topf "Weiterbildung" zuordnet. In den Geschaeftsberichten der BA gibt es diese Position nicht. Im ersten Halbjahr 2009 gab die BA fuer FbW-Massnahmen 518 Millionen Euro aus, im ersten Halbjahr 2011 waren es nur noch 236 Millionen Euro. Es waere schoen, wenn die Ministerin deutlich machen wuerde, was sie denn unter Ausgaben im Bereich der Weiterbildung versteht. Dann waere es moeglich, die Zahlen ernsthaft zu vergleichen. Positives fuer die Weiterbildung kaeme dabei sehr wahrscheinlich nicht heraus. Doch wir kaemen der Wahrheit auf die Spur, was die Bundesregierung tatsaechlich im Bereich der Weiterbildung unternimmt. Bleibt nur noch eine letzte Frage: Wollen wir es wirklich genau wissen oder reicht uns das Gefuehl, das es nicht voran geht mit der Foerderung der beruflichen Weiterbildung?


Weitere Inhalte:

1. Qualifizierung und berufliche Weiterbildung sind Kerninstrumente der Arbeitsmarktpolitik
2. Honorare im Bereich der Integrationskurse stagnieren deutlich unter 20 Euro/Unterrichtseinheit
3. Nachqualifizierung An- und Ungelernter in Hessen
4. Termine
5. Impressum
6. .info Netzwerk-Weiterbildung abonnieren und kuendigen

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1. Qualifizierung und berufliche Weiterbildung sind Kerninstrumente der Arbeitsmarktpolitik
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Am 5. September 2011 fand im Bundestagsausschuss fuer Arbeit und Soziales eine oeffentliche Anhoerung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung ueber die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente statt. Herausgekommen ist ein dicker Materialband von fast 270 Seiten.

Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universitaet Duisburg-Essen kritisiert dabei insbesondere die Beschraenktheit des Vorhabens. "Es ist unverstaendlich, wieso die Bundesregierung die Reform arbeitsmarktpolitischer Instrumente ueberhaupt nicht mit den aktuellen "Gross-Themen" der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik verbindet: Fachkraeftemangel, demografischer Wandel, Strukturwandel, Integration von Migrant/innen und ihrer Nachkommen sowie Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen", so Professor Knuth. Gerade auf dem Gebiet der Foerderung der beruflichen Weiterbildung bringe der Gesetzentwurf keine Fortschritte. Angesichts des Fachraetemangels waere es dringend geboten, Qualifizierungspotentiale unter Erwerbslosen und erwerbstaetigen Hilfebeduerftigen auszuschoepfen. Denn die Forschung habe inzwischen ausreichend nachgewiesen, dass "gerade die abschlussbezogene berufsqualifizierende Weiterbildung nachhaltige Nettowirkungen" zeige.

Auf der Seite Foerderung der beruflichen Weiterbildung finden Sie eine Zusammenfassung der Stellungnahme von Prof. Dr. Matthias Knuth. Dort gibt es einen Link zur vollstaendigen Bundestagsdrucksache der Anhoerung im Ausschuss.


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2. Honorare im Bereich der Integrationskurse stagnieren deutlich unter 20 Euro/Unterrichtseinheit
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Mit einer Kleinen Anfrage versuchte die Fraktion DIE LINKE erneut, von der Bundesregierung verlaessliche Antworten ueber die Situation der Lehrkraefte in Integrationskursen zu erhalten. Insbesondere ging es aber um die Frage, ob und in welcher Form die Bundesregierung plant, durch entsprechende Massnahmen die skandaloese Entlohnung der Honorarkraefte zu verbessern.

Einige durchaus interessante Fakten sind in der Antwort der Bundesregierung enthalten. Aber auch die klare Botschaft: Es bleibt, wie es ist. Einen Handlungsbedarf zur Bekaempfung von Armutsloehnen sieht die Bundesregierung selbst dann nicht, wenn sie fuer die Situation selbst verantwortlich ist. Denn die Verguetung der Lehrkraefte unterliege insbesondere "der Vertragsfreiheit zwischen Kurstraeger und Lehrkraft". Da koenne sie oder das zustaendige Bundesamt "keinen unmittelbaren Einfluss" nehmen.

Eine Zusammenfassung der Bundestagsdrucksache finden Sie auf der Seite Selbststaendige in der Weiterbildung und einen Link zur Bundestagsdrucksache.


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3. Nachqualifizierung An- und Ungelernter in Hessen
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Personen ohne anerkannten Berufsabschluss werden ueberdurchschnittlich oft erwerbslos. Ausserdem befinden sie sich haeufig in prekaeren Beschaeftigungsverhaeltnissen.

Der Abbau von einfachen Arbeitsplaetzen, fuer die keine besondere berufliche Qualifikation erforderlich ist, verschlechtert zudem die Beschaeftigungschancen von Un- und Angelernten. Auf der anderen Seite werden Fachkraefte benoetigt. Mit einer Umschulung (Nachqualifikation) von Un- und Angelernten besteht die Moeglichkeit, sowohl prekaeren Arbeitsverhaeltnissen wie auch drohender Erwerbslosigkeit zu entgehen. Eine Nachqualifizierung bietet die Gelegenheit, nachtraeglich einen in Deutschland anerkannten Berufsabschluss zu erwerben und insofern die qualifikationsbedingte Luecke zwischen Arbeitsangebot und -nachfrage zu schliessen.

In Hessen ist die Nachqualifizierung An- und Ungelernter Teil des fuer die Jahre 2010-2012 erneuerten Hessischen Paktes fuer Ausbildung. Die Paktpartner haben sich dabei darauf verstaendigt, "die Angebote zur (auch berufsbegleitenden und modularen) Nachqualifizierung von Geringqualifizierten zu verbessern und quantitativ auszuweiten." Vor diesem Hintergrund wurde die Hessen Agentur vom Hessischen Ministerium fuer Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung beauftragt, im Rahmen der vorliegenden Studie quantitative und qualitative Informationen zur Nachqualifizierungssituation in Hessen bereitzustellen, Hindernisse fuer abschlussorientierte Nachqualifizierungen zu identifizieren und Handlungsansaetze aufzuzeigen.

Ueber 115.000 Erwerbslose in Hessen verfuegen ueber keinen anerkannten Berufsabschluss. 2009 nahmen lediglich 2.662 Personen an einer Externen- oder Umschulungspruefung teil. Die Bundesagentur fuer Arbeit (BA) koennte im Rahmen der Foerderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) entsprechende Massnahmen foerdern. Doch weiterhin erschwert die Trennung zwischen den Rechtskreisen des SGB II und III dazu die mittel- und langfristige Qualifikation von Erwerbslosen.

Wesentliche Ergebnisse der Studie finden Sie auf der Seite Grundsaetzliches zur Weiterbildung . Sie koennen die vollstaendige Studie auch als pdf-Datei herunterladen.


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4. Termine
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Das Hamburger Modell - eine Alternative zum niedersaechsischen "Uebergangssystem"?

Der Uebergang von der Schule in Ausbildung, Studium oder in den Beruf mit einer Fuelle unterschiedlicher Massnahmen fuer diverse Zielgruppen ist nicht nur fuer Jugendliche zu einem ueberkomplexen und intransparenten Prozess geworden. Auch die Traegerstrukturen fuer Orientierungsangebote (Land, Kommunen, Arbeitslosenversicherung, Hartz IV-System etc.) sind vielfaeltig, die Finanzierungsstroeme verworren. Vielfach gelingt es den Schuelerinnen und Schuelern nicht, den direkten Uebergang in die berufliche Ausbildung zu finden. Brueche in der Ausbildung und Umwege bei der Teilnahme an Bildungsmassnahmen sind die Folge.

Als Antwort auf diese Probleme wurde in Hamburg das Uebergangssystem reformiert und das sogenannte "Hamburger Modell" eingefuehrt.

Die Veranstaltung des DGB Niedersachsen beschaeftigt sich mit der Frage, welche Ansaetze des Hamburger Modells auf andere Bundeslaender uebertragbar sind.

Weitere Informationen zum Programmablauf, den Einladungsflyer und ein Anmeldeformular finden Sie auf der Seite Regionale Termine


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5. Impressum
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Herausgeber
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Landesbezirk Niedersachsen Bremen
Brigitte Schuett
Landesfachbereichsleiterin Bildung Wissenschaft Forschung Goseriede 10
30159 Hannover

Redaktion: Peter Schulz-Oberschelp
mail to: mailto:mail@netzwerk-weiterbildung.info


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Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 11.10.2011