Lebenslanges Lernen

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Nationaler Qualifikationsrahmen

Welchen Nutzen kann die Erwachsenenbildung aus dem Projekt ziehen?

In Deutschland streiten sich Kultusminister auf der einen und Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften auf der anderen Seite munter um die Zuordnung von formalen Qualifikationen im Rahmen des Regelwerks des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR).

Bildung jedoch ist mehr als die Sammlung bunter Testate. Die Ausrichtung von Nationalen Qualifikationsrahmen auf die Zuordnung lediglich formaler Bildungsabschlüsse versperrt die Sicht auf die Bildungsprozessen. Die Zuordnung von Qualifikationen und der tatsächliche Erwerb von Wissen, Kenntnissen und Kompetenzen sind zwei grundverschiedene Dinge. Instrumente der Zuordnung sind keine geeigneten Instrumente für Verbesserungen des Lernens.

Die Politik der Nationalen Qualifikationsrahmen richtet die Aufmerksamkeit auf die Zuordnung von formalen Lernstufen. Die gegenwärtige deutsche Debatte stellt ein Paradebeispiel für diesen Prozess dar. Um die Verbesserung von Lernen und Lernprozessen geht es nicht. Die Betonung liegt auf ökonomischen Kategorien von Markt und Wettbewerb.

Das österreichische Magazin Erwachsenenbildung beschäftigt sich aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln ausführlich mit solchen grundlegenden Fragen zu Nationalen Qualifikationsrahmen. Die Beiträge ordnen die Debatte um Nationale Qualifikationsrahmen in bildungstheoretische Ansichten über die Zukunft von Lernen und Bildung ein. Sie stellen zugleich die Frage, welchen Nutzen die Nationalen Qualifikationsrahmen in diesem Zusammenhang haben könnten.

Die bisher vorliegenden Vorschläge für Nationale Qualifikationsrahmen deuten auf eine verstärkte Ökonomisierung von Bildung hin. Hier geht es um Effizienz, Effektivität und die Befriedigung von Marktbedürfnissen. Dabei entsteht die Illusion, dass man mit formalen Abschlüssen auf dem Arbeitsmarkt gesicherte Qualifikationen anbieten und kaufen kann. Wesentliche Fragen der Bildungspolitik wie die nach Chancengerechtigkeit oder besseren Lern- und Bildungsprozessen hingegen vermag ein Qualifikationsrahmen nicht zu beantworten. Als Kritikpunkte werden genannt:
  • “Ein gemeinsamer Zweck der radikalen Ergebnisorientierung, d.h. der konzeptionellen Abtrennung der Qualifikationsbeschreibung von den Prozessen und Programmen, besteht in der Entmachtung der BildungsanbieterInnen.

  • Lernergebnisse sind auch nur Worte: Das Versprechen, mittels der Lernergebnisse bei den Qualifikationen wirklich“ zu sichern, dass „das drin ist, was draufsteht“, ist eine Illusion. Der Inhalt von komplexeren Qualifikationen kann nicht mehr als grob und annähernd beschrieben werden („a qualification can only ever be a proxy“).

  • Auch die vordergründige Überlappung von Effizienz- und Gerechtigkeitszielen ist eine Illusion, da die Beschreibungen allein keine Veränderungen in den Zugangsmöglichkeiten bewirken. Dazu sind geeignete Fördermaßnahmen nötig, deren Einsatz jedoch durch das illusionäre Versprechen untergraben wird.

  • Die Versprechen, dass die radikale Ergebnisorientierung als Reformhebel für Verbesserungen der Lern- und Bildungsprozesse dienen kann, sind nicht realistisch, da sie die Erwartungen allein in die Wirksamkeit des Wettbewerbs setzen und die Bedeutung von Anstrengungen der professionellen Verbesserung gering schätzen.“

Was den Nationalen Qualifikationsrahmen insgesamt fehlt, ist eine Balance zwischen Ergebnissen von Bildung (Abschlüssen) und den Bildungsprozessen. Die Orientierung allein auf das formale Ergebnis ist nicht zielführend:

“Die ‚reine Ergebnisorientierung‘ wird als desaströs für die Qualität der Bildung und des Lernens gesehen. Das bedeutet, dass der Stärkung und Professionalisierung der Bildungsinstitutionen und der Lehrenden wesentliches Augenmerk geschenkt werden müsse – die Betonung von Markt und Wettbewerb durch die alleinige Stärkung der NutzerInnen sei ein ‚Holzweg‘.“


Die vollständige Ausgabe des Magazin Erwachsenenbildung zu Nationalen Qualifikationsrahmen können Sie hier als pdf-Datei herunterladen.

Hier geht es zur Homepage Erwachsenenbildung.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Lebenslanges Lernen, Nationaler Qualifikationsrahmen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 19.01.2012