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Bei mehrtägigen Freizeiten:

Arbeitszeit der Beschäftigten sozialverträglich und rechtssicher gestalten

Mehrtägige Seminare mit Übernachtungen gehören für bestimmte Maßnahmetypen zu den von der Bundesagentur für Arbeit (BA) verlangten sozialpädagogischen Ausschreibungskriterien. Arbeitszeitregelungen für diese Sonderform der Arbeitszeit mit Verlängerung der täglichen Arbeitszeit und Bereitschaftsdienstzeit sind in der Branche nur wenige vereinbart.

Ziel dieser für die Teilnehmenden als „verpflichtende Freizeit“ bezeichneten mehrtägigen Seminaren ist es, das Vertrauensverhältnis zwischen Teilnehmenden und Personal aufzubauen sowie mögliche motivationsbedingte Abbrüche zu vermeiden. Was aus pädagogischen Gründen für die an Maßnahmen Teilnehmenden sinnvoll und hilfreich sein kann, ist für die Beschäftigten keine Freizeit, sondern eine intensive Form der Arbeit. Die BA schreibt vor, dass solche Angebote mit dem in der Maßnahme zum Einsatz kommenden Personal durchzuführen sind. Außerdem heißt es in den Ausschreibungen, dass die erforderlichen zusätzlichen Personalkapazitäten vorrangig über eine Stundenerhöhung dieses Personals zusätzlich bereit zu stellen sind. Das bedeutet insbesondere für Teilzeitbeschäftigte, dass sie über einen Anspruch auf eine befristete Erhöhung verfügen oder wie bei den Vollzeitbeschäftigten Mehrarbeit anfällt, die in Zeit oder Geld vergütet werden muss.

Wie können auf dieser Basis und unter Beachtung geltender Schutzgesetze sinnvolle Regelungen aussehen? Aus der Praxis ist bekannt, dass während dieser Freizeiten das Personal mitunter „unter Hochspannung agiert“. Stichworte sind hier die Aufsichtspflicht, die Einhaltung der Nachtruhe und die Beachtung der in den meisten Tagungsstätten und Jugendherbergen geltenden Regelungen. Es gibt vereinzelte tarifliche und betriebliche Regelungen, aber es mangelt an „Eck punkten“, die für die gesamte Weiterbildungsbranche gelten und Rechtssicherheit schaffen. Arbeitszeiten und Einsätze sind mit dem klassischen „8-Stunden-Tag“ nicht abgedeckt. In der Regel liegen die täglichen Arbeitszeiten weit über 8 Stunden, mitunter vom Wecken bis in die Nacht hinein. Die Arbeitszeiten sind nicht vom Arbeitszeitgesetz gedeckt und stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die Geldbußen in Höhe von bis zu 15 000 € nach sich ziehen können.


Alles was Recht ist – Die Schutzbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten und beinhaltet Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen die gesetzlichen Regelungen. Bezogen auf die Freizeitmaß nahmen gilt beispielsweise eine Höchstarbeitszeit an Werk tagen von acht Stunden, die grundsätzlich nicht überschritten werden darf.

Die Höchstarbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden täglich nur verlängert werden, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbzG). Als Arbeitszeit gilt die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen (§ 2 Abs. 1 ArbZG), Ruhezeiten nach Beendigung der Arbeitszeit sollen grundsätzlich elf Stunden betragen (§ 4 ArbZG). Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, die über acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen und diese zwei Jahre lang aufzubewahren (§ 16 Abs. 2 ArbZG).

Allerdings erlaubt das Arbeitszeitgesetz im § 7 abweichende Regelungen. So kann beispielsweise in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen werden, dass abweichend von § 3 ArbZG die Arbeitszeit über zehn Stunden verlängert werden kann, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt.


Nichts geht ohne Betriebsräte – besser geht’s mit einem Tarifvertrag

Da in Betrieben mit Betriebsräten Arbeitszeitregelungen nur mit Zustimmung des Betriebsrates getroffen werden können, ist eine Betriebsvereinbarung das geeignete Mittel, um die Interessen der Beschäftigten zu sichern und eine rechtssichere Handhabung zu gewähren. Eine angemessene Lösung kann nur branchenweit gefunden werden: Eine entsprechende Regelung in dem noch zu verhandelnden Manteltarifvertrag für die Weiterbildungsbranche müsste die Eckpunkte regeln und einen Rahmen schaffen, damit überhaupt von den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes abgewichen werden kann und die Arbeitgeber rechtskonform handeln können. In einem solchen Tarifvertrag müsste vereinbart werden, dass bei mehrtägigen Freizeitmaßnahmen mit Übernachtung im Rahmen einer Betriebsvereinbarung die tägliche Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus verlängert werden kann, wenn für die Abend- und Nachtzeit Bereitschaftsdienst angeordnet wird. Die Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind entsprechend der Belastungen der Arbeitnehmer/innen zu vergüten. Weiter ist zu vereinbaren, dass die Teilnahme an solchen Freizeitmaßnahmen freiwillig ist und Arbeitnehmer/innen, die sich weigern, an solchen Maßnahmen teilzunehmen, nicht benachteiligt werden dürfen.


Quelle: Eine Veröffentlichung des Bereichs Weiterbildung im FB 5 von ver.di


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Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.11.2013