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10 Jahre Hartz-Gesetze: Was ist aus der beruflichen Weiterbildung geworden?

Für die verhinderte Bundesfachbereichsleiterin Petra Gerstenkorn eröffnete Klaus Böhme, Bundesvorsitzender des Fachbereichs, die Fachtagung. Er zeichnete pointiert nach, wie in der Folge einer beispielslosen Denunziation der aktiven Arbeitsmarktpolitik die damalige Arbeitsförderung durch die Hartz-Gesetze abgelöst wurde. Dabei ging es nicht um einfache Korrekturen, es ging um eine grundsätzliche Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik. Einer ihrer Erfinder, der kurzweilige Leiter der Bundesagentur und über eine Dienstwagenaffäre gestrauchelte Florian Gerster drückte die Ziele der neuen Politik so aus: „Aktivierende Maßnahmen beinhalten zwangsläufig die Abkehr von Versorgungsmentalität, der Abbau negativer Arbeitsanreize ist ohne Leistungseinschränkungen nicht möglich, und die Korrektur historisch gewachsener sozialer Besitzstände darf kein Tabu sein.“

In der Folge wurde die Arbeitslosenhilfe faktisch gestrichen. Die Bezieher des neuen ALG II sind einem zunehmenden Sanktionsmechanismus ausgeliefert. 2012 gab es mehr als 1,8 Millionen Sanktionen gegenüber ALG II Empfängern. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung wurde drastisch reduziert. Von durchschnittlich etwa 340.000 TeilnehmerInnen in 2002 auf jetzt ca. 145.000 im Jahresdurchschnitt.

„Was können Betriebsräte und Gewerkschaften tun, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern oder wenigstens weitere Verschlechterungen zu verhindern?“, diese Frage beschäftige uns nicht nur in dieser Tagung, so Böhme. Ein wesentlicher Eckpfeiler der gewerkschaftlichen Arbeit sei in diesem Zusammenhang die Tarifpolitik. Und ein klarer Erfolg unserer Arbeit sei der Mindestlohn in der Branche, der zunächst bis Ende 2015 weiter gelte.

Auf der anderen Seite müssen wir die politische Auseinandersetzung für eine grundlegende Änderung der Arbeitsmarktpolitik weiter vorantreiben. Ver.di hat da klare Vorstellungen. „Die Arbeitsmarktpolitik ist wieder auf die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbslosen ausrichten. Das beinhaltet insbesondere eine deutliche Ausweitung der Förderung der beruflichen Weiterbildung mit abschlussbezogenen Maßnahmen“, so Böhme.

Im Anschluss erläuterte Prof. Rolf Dobischat von der Universität Duisburg-Essen seine Ergebnisse einer neuen Studie über die Beschäftigungslage und Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung. Dabei habe sich ein weiteres Mal gezeigt, dass es den Weiterbilder so nicht gäbe. In einer bunten Folie zeigte er die Bezeichnungen, die sich die Befragten in der Studie selber als Berufsbezeichnung gegeben haben. Mehr als 50 unterschiedliche Begriffe tauchen da auf. „Eine echte Professionalisierung im Bereich der Weiterbildung, die seit mehr als 30 Jahren gefordert wird, ist weiterhin nicht in Sicht“, so Dobischat. Prekäre Arbeitsverhältnisse insbesondere im Bereich der Honorarkräfte seien weit verbreitet. Mehr als 60 Prozent der DozentInnen verfügen über ein Bruttoeinkommen von maximal 1.750 Euro im Monat.

Norbert Köngeter, Leiter des Einkaufs von Arbeitsmarktdienstleistungen bei der BA, stellte die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Beschaffung und Qualitätskontrolle von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik dar. So seien etwa im letzten Jahr etwa 50 Prozent der erteilten Aufträge als sogenannte „gezogene Optionen“ vergeben worden. Damit wolle man den Bildungsträger mehr Planungssicherheit verschaffen. Auch sei es nach der neuen Vergabeverordnung möglich, „die Organisation, die Qualifikation und die Erfahrung des bei der Durchführung des betreffenden Auftrags eingesetzten Personals“ mit bis zu 25 Prozent bei der Vergabe zu berücksichtigen, wenn sie „erheblichen Einfluss auf die Qualität der Auftragsausführung haben können“. Abschließend stellte er fest: „Qualität von Arbeitsmarktdienstleistungen ist abhängig von der Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bildungsträger. Darauf gilt es zu achten.“


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung

Sie können die vollständige Dokumentation der Fachtagung hier als word-Datei herunterladen.




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Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 23.12.2013