Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Erwerbslose ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Hartz-IV sind die Verlierer bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik

Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger haben keine finanzielle Ersatzleistung bei Arbeitslosigkeit (mehr). Obwohl sie aufgrund ihres relativ hohen Bildungsniveaus eine interessante Zielgruppe für den Arbeitsmarkt sind, werden sie je nach Ermessensentscheidung häufig von Leistungen der Arbeitsförderung ausgeschlossen, welche sie ggf. dringend für eine Reintegration in Arbeit bräuchten. Daher ist ein Umdenken gefordert, um die Situation dieses Personenkreises zu verbessern.


Arbeitsförderung von Nichtleistungsempfängerinnen und -empfängern verstärken und aus Steuermitteln kofinanzieren

Die Gruppe der Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger ist vielfältig. Sie brauchen daher auch vielfältige arbeitsmarktpolitische Fördermaßnahmen, die auch ausreichend finanziert werden müssen, damit es nicht zu faktischen Ausschlüssen oder zu einer nachrangigen Förderung kommt, die immer mit der Benachteiligung einhergeht. Insgesamt sollte die Arbeitsförderung von ihnen, insbesondere mit Blick auf abschlussorientierte Qualifizierungen, noch weiter verstärkt werden. Die versicherungsfinanzierte Förderung für Nichtleistungsempfänger/innen sollte als Mischrisiko aus Steuermitteln kofinanziert werden, um einen Beitrag dazu zu leisten, dass diese gesamtgesellschaftlich auch für die Sicherung des Fachkräftebedarfs relevante Personengruppe nicht von Qualifizierungs- und anderen Förderungshilfen ausgeschlossen wird.

Die von Gewerkschaften in der Bundesagentur für Arbeit angeregte Initiative zur Flankierung des Strukturwandels IFlaS hat zum Ziel, durch berufliche, möglichst abschlussorientierte Weiterbildung von Geringqualifizierten, Berufsrückkehrenden und Wiedereinsteigenden dem regionalen und branchenbezogenen Strukturwandel zu begegnen. Qualifizierungen von den eben genannten Arbeitslosengruppen, die ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können, können über diesen Etat finanziert werden. Auch Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger, die zu dieser Zielgruppe gehören, sollen verstärkt durch IFlaS gefördert werden. So kann Langzeitarbeitslosigkeit bei dieser Personengruppe begegnet bzw. vermieden werden. Außerdem sollte dieses Instrument verstetigt werden.

Trotz guter konjunktureller Lage und sinkender Zahl an Bewerberinnen und Bewerber finden viele Jugendliche nach ihrem Schulabschluss keinen betrieblichen Ausbildungsplatz. Daher ist es nicht verwunderlich, dass rund jede/r sechste Nichtleistungsempfänger/in unter 25 Jahren ist. Eine zukunftsfähige Ausbildung ist die Voraussetzung für eine stabile Erwerbsbiographie. Hier sind vor allen anderen die Arbeitgeber in der Pflicht. Junge Menschen, die aber aufgrund mangelnder Ausbildungsangebote keinen Ausbildungsplatz er-halten haben, müssen nach erfolglosen Bewerbungen um einen betrieblichen Ausbildungsplatz spätestens vier Monate nach Beginn eines Ausbildungsjahres einen Rechtsanspruch darauf haben, eine mindestens dreijährige Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu absolvieren. Alle anderen Jugendlichen müssen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, damit es ihnen möglich ist, eine Ausbildung zu machen.

Rund 40 Prozent der Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger sind 50 Jahre und älter. Auch sie müssen stärker an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung beteiligt werden. Bisher nehmen ältere Arbeitslose unterproportional an Eingliederungsmaßnahmen teil. Das betrifft insbesondere die „teuren“ abschlussbezogenen Weiterbildungsmaßnahmen. Weiterhin müssen Arbeitgeber hinsichtlich der Potentiale Älterer intensiv beraten werden. Lohnkostenzuschüsse sind gezielt zur Eingliederung dieser Personengruppe einzusetzen.

Rund jede/r zwölfte Nichtleistungsempfänger/in ist schwerbehindert. Für Menschen mit Behinderung bestehen am Arbeitsmarkt weiterhin hohe Barrieren – auch bei guter konjunktureller Lage.

Das System aus Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe ist ein geeignetes Instrument, um Nachteile schwerbehinderter Menschen zu mindern; es muss allerdings neu justiert werden:
  • Die gestaffelten Beiträge zur Ausgleichsabgabe sollen von 115, 200 und 290 Euro pro Monat auf 250, 500 und 750 Euro pro Monat pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz erhöht werden, damit die Unternehmen einen größeren Anreiz erhalten, ihre Beschäftigungspflicht ernst zu nehmen.

  • Die Beschäftigungspflicht soll perspektivisch auf sechs Prozent erhöht werden, da-mit entsprechend dem demografischen Wandel auch der Anteil der schwerbehinderten Menschen in den Unternehmen steigt.

  • Das Nichterfüllen der Beschäftigungspflicht muss wirksamer als bisher als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldforderungen geahndet werden.

Außerdem befinden sich auch unter den Nichtleistungsempfängerinnen und -empfängern Langzeitarbeitslose, die auch unter Anwendung der bisherigen Instrumente kaum eine Chance auf eine ungeförderte Beschäftigung haben. Ihnen sollte eine öffentlich geförderte Beschäftigung in Kombination mit notwendigen Unterstützungsleistungen angeboten wer-den. Hierbei sollte nicht die schnelle Integration in Arbeit im Mittelpunkt stehen, sondern die Ermöglichung von sozialer Teilhabe durch Arbeit.

Auch arbeitslose Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger, bei denen eine schnelle Überwindung der Arbeitslosigkeit nicht zu erwarten ist, sollte eine an ihren individuellen Bedürfnissen orientierte engmaschige Beratung erhalten, sowie eine optionale Begleitung zu Vorstellungsgesprächen und bei Bedarf weitere Dienstleistungen aus einer Hand. Dazu bietet sich die „interne ganzheitliche Integrationsberatung“, kurz „Inga“ an, die auf eine gewerkschaftliche Initiative in der BA zurückgeht.


Bessere Absicherung bei Arbeitslosigkeit

Generell handelt es sich beim Nichtleistungsbezug auch um eine Folge mangelnder Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit.

Viele Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger konnten in der vorherigen „zu kurzen“ Erwerbsphase die Anwartschaftszeit für den Versicherungsschutz nicht erfüllen. Diesem Personenkreis würde es helfen, wenn der Versicherungsschutz der Arbeitslosenversicherung ausgeweitet werden würde. Die zweijährige Rahmenfrist, innerhalb derer ein Versicherungsanspruch aufgebaut werden kann, sollte wieder auf drei Jahre verlängert werden, so wie sie bis Februar 2006 galt. Damit haben Beschäftigte ein Jahr länger Zeit, in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen und so deren Schutz zu erwerben. Für kurzzeitig Beschäftigte sollten zudem neue Anwartschaftsregelungen eingeführt werden. Dadurch erhalten Arbeitslose bereits nach einem halben Jahr Beitragszahlung Anspruch auf Arbeitslosengeld, wobei sich die Dauer nach der vorangegangenen Beitragszahlung richtet.

Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger, die aufgrund ihrer Dauer der Arbeitslosigkeit ihr Arbeitslosengeld bereits aufgebraucht haben, würde die Einführung eines Überbrückungsgeldes helfen, welches unmittelbar an das vorangegangene Arbeitslosengeld an-knüpfen und für die Dauer von zwölf Monaten gewährt werden sollte. Das Überbrückungsgeld sollte etwas niedriger liegen als die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld. Der DGB schlägt eine einheitliche Leistung in Höhe von 58 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens vor. Sofern minderjährige Kinder im Haushalt leben, sollte pro Kind eine Erhöhung um 50 Euro erfolgen. Das Überbrückungsgeld könnte nach Vorstellungen des DGBs eine beitragsfinanzierte Leistung der Arbeitslosenversicherung sein. Eine entsprechende Finanzierung des Versicherungssystems ist dabei sicherzustellen.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass das Einkommen einiger Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger (durch den Partner/die Partnerin…) im Rahmen des Haushaltseinkommens knapp über der Einkommens- und Freibetragsgrenze für den Hartz-IV-Regelbedarf liegt. Durch ein methodisch sauberes und transparentes Verfahren zur Bestimmung des sozio-kulturellen Existenzminimums sollten dringend (!) die Hartz-IV-Leistungen erhöht werden. Dies würde dazu beitragen, dass dieser Personenkreis ergänzend Hartz-IV-Leistungen beziehen könnte. Damit hätte diese/r Nichtleistungsempfänger/in Zugang zur Arbeitsförderung des Hartz-IV-Systems, welche aber in den letzten Jahren massiv im Zusammenhang mit der Mittelkürzung reduziert wurde.

Mit Blick auf die Absicherung im Alter sind die negativen rentenrechtlichen Folgen im Rahmen einer Vermittlungssperre nicht hinnehmbar. Vielmehr sollte die Zeit der Vermittlungssperre als Überbrückungstatbestand gewertet werden, wenn sich jemand während der Vermittlungssperre weiterhin um Arbeit bemüht.


Quelle: DGB, arbeitsmarktaktuell Juli 2014

Die Broschüre kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.


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Schlagworte zu diesem Beitrag: Ältere Beschäftigte, Öffentliche Beschäftigungspolitik, Erwerbslose
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 29.07.2014