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Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW

Bildungsurlaubsanspruch für Auszubildende kommt!

Am 05. November 2014 fand im Landtag die erste Lesung über einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Arbeitnehmergesetzes NRW (AWbG) statt (Drucksache 16/70009). Danach haben Auszubildende mit eingetragenem betrieblichem Ausbildungsverhältnis künftig einen Anspruch auf politische Arbeitnehmerweiterbildung.

SPD und Grüne haben ihr Vorhaben bereits 2013 in einer Landtagsentschließung begründet und die Schul- und Weiterbildungsministerin Sylvia Löhrmann gebeten, es konsensual mit den Beteiligten auszugestalten:

„Demokratie muss immer wieder neu gelernt werden. Politische Weiterbildung als Identitätsfindungs- und – entwicklungsprozess von Werten ist gerade für junge Menschen sehr wichtig. Daher wollen wir, dass junge Menschen, insbesondere Auszubildende, am Prozess der politischen Willensbildung teilhaben können. Zur Unterstützung, um eine aktive gesellschaftliche Rolle zu übernehmen und an demokratischen Entscheidungsprozessen zu partizipieren, ist die Einbeziehung von Azubis in NRW in das AWbG mehr als überfällig.“

An den vorgelagerten Gesprächen im Ministerium für Schule und Weiterbildung waren DGB und ver.di aktiv beteiligt. Die Arbeitgeber und die kommunalen Spitzenverbände haben sich dort auf folgenden gemeinsamen Weg eingelassen:
  • Der Freistellungsanspruch beträgt fünf Tage in der gesamten Ausbildung (statt der jährlichen fünf Tage, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zustehen). Begründung: Politische Bildung sei vorrangig Angelegenheit der Berufsschulen. Die Belastung der Auszubildenden an den Lernorten Berufsschule und Betrieb und der Betriebe mit Ausfallzeiten sei bereits sehr hoch.

  • Eine Freistellung findet nur in den ersten beiden Dritteln der Ausbildung statt. Ausnahmen sind möglich, bedürfen aber der einvernehmlichen Zustimmung von Betrieb und Berufsschule. Begründung: Am Ende der Ausbildung stünden die Prüfungsvorbereitung und das Einbringen des Gelernten zur Unterstützung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebe im Vordergrund.

  • Vom Betrieb durchgeführte Bildungsveranstaltungen, die inhaltlich den Vorgaben des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes entsprechen, können auf den Bildungsfreistellungsanspruch angerechnet werden. Begründung: Dadurch solle schon vorhandenes Engagement von Betrieben gewürdigt und weiter ermöglicht werden.

Mit der Gesetzesinitiative greift die Landesregierung einerseits unsere langjährigen gewerkschaftlichen Forderungen teilweise auf. Andererseits setzt sie den erreichbaren Kompromiss der Sozialpartner um.

Die gewerkschaftlichen Vorstellungen auf Teilhabe von Auszubildenden an der Arbeitnehmerweiterbildung bleiben weitergehend: ver.di setzt sich für 5 Tage Bildungsurlaub im Jahr ein, die entsprechend dem AWbG sowohl für politische als auch für berufliche Weiterbildung eingesetzt werden können. Fünf Tage Bildungsurlaubsanspruch im Jahr für Auszubildende würde auch ihrer Gleichbehandlung mit den Auszubildenden in den meisten anderen Bundesländern und zu den Arbeitnehmer/innen und den Beamtenanwärter/innen in NRW entsprechen. Unsere Forderung, den Bildungsurlaubsanspruch auch für berufliche Weiterbildung nutzen zu dürfen, begründen wir damit, dass Schlüsselkompetenzen in vielen Ausbildungsverhältnissen zu kurz kommen. Die gewerkschaftlichen Seminarangebote zu Rhetorik, Kommunikation, Präsentation und Prüfungsvorbereitung erfreuen sich deshalb bei den Auszubildenden großer Beliebtheit. In den vorgelagerten Gesprächen konnten wir die Arbeitgebervertreter hiervon leider nicht überzeugen. ver.di wird im Anhörungsverfahren die weitergehenden Anforderungen nochmals artikulieren.

Der Weiterbildungsanspruch der Auszubildenden wird dem Gesetzentwurf zufolge als eigener Paragraph 12 a im AWbG gestaltet werden. Dadurch bleibt der enge Zusammenhang zu den Arbeitnehmer/innen gewahrt. Es gelten die bekannten und rechtssicheren Formalien zur Antragsstellung und Genehmigung von Bildungsurlaubsanträgen. Alle politischen Bildungsangebote stehen den Auszubildenden damit offen.

Der Landtag hat den Gesetzentwurf einstimmig an den federführenden Ausschuss für Schule und Weiterbildung, den Hauptausschuss und den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen. Das Gesetz wird nach der zweiten Lesung verkündet und tritt am Tag nach der Verkündigung ohne Übergangsfrist in Kraft. Spätestens zum 31.12.2018 ist eine Überprüfung des Gesetzes und eine Unterrichtung des Landtages vorgeschrieben.

ver.di würde es begrüßen, wenn viele Auszubildende an den politischen Bildungsangeboten, z.B. der Gewerkschaftsjugend, teilnehmen!


Quelle: Eine Veröffentlichung des ver.di - Landesbezirks NRW, Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung, 13. November 2014

Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 17.11.2014

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024