Lebenslanges Lernen

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Ohne formale Bildungsabschlüsse sinken die Chancen am Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt hat sich zwischen 1970 und 1980 deutlich verändert. Die in dieser Zeit einsetzende steigende Arbeitslosigkeit traf die Beschäftigten je nach erworbenem Bildungsabschluss unterschiedlich stark. Mit dem Einsetzen konjunktureller Krisen wurden Investitionen vermehrt in den Umbau des Produktionsapparats gelenkt. Einfache Arbeitsplätze für Un-und angelernte verschwanden vom Arbeitsmarkt. Ohne Berufsabschluss wurde es immer schwieriger, eine neue Stelle zu finden.

„Die Rangfolge bei den Arbeitslosenquoten in den drei Qualifikationsebenen ist seit dem Jahr 1975 gleich geblieben. Das Niveau der Arbeitslosigkeit hat sich in diesem Zeitraum bei den Akademikern kaum, bei den beruflich Qualifizierten leicht, bei den Geringqualifizierten jedoch drastisch erhöht. Während die Arbeitslosenquote der Geringqualifizierten Ende der 1970er Jahre bei lediglich 5 Prozent lag, stieg sie bis auf 15 Prozent Ende der 1980er Jahre und lag im Jahr 2013 bei 20 Prozent.“ In wirtschaftlich schlechten Zeiten steigt die Quote auch schon mal auf 25 Prozent an. Unter 20 Prozent sinkt sie kaum. Es fehlen schlichtweg Beschäftigungsmöglichkeiten.

Geringqualifizierte

2013 gab es in Westdeutschland 4,7 Millionen Erwerbstätige ohne einen formellen beruflichen Abschluss. Gleichzeitig waren mehr als 1 Millionen Geringqualifizierte erwerbslos. Die Arbeitslosenquote betrug 18 Prozent. Fast jeder fünfte Geringqualifizierte war von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Osten standen gut einer halben Millionen Erwerbstätigen in dieser Gruppe gut eine Viertelmillion Erwerbslose gegenüber. Damit war dort jeder Dritte von Arbeitslosigkeit betroffen. Eine Zunahme der Beschäftigungsmöglichkeiten scheint nicht in Sicht. Die Forscher des IAB setzen daher auf das Prinzip Bildung. Nur wenn es gelänge, die Zahl der Menschen ohne berufliche Qualifikation deutlich zu senken, bestehe auch die Möglichkeit, die Erwerbslosigkeit weiter zu reduzieren.

Bildung in allen Bereichen verstärken

Die Forscher des IAB fordern daher deutlich mehr Anstrengungen in allen Bildungsbereichen. Es gehe nicht nur um die berufliche Qualifizierung im späteren Lebensverlauf. Das gesamte Bildungssystem, beginnend von der KITA bis zur Berufsausbildung müsse besser werden.

„Angesichts (…) der hohen Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter kommt der Bildung eine Schlüsselrolle zu. Bildungsinvestitionen bringen selbst nach Berücksichtigung der Kosten hohe individuelle und gesellschaftliche Vorteile. Als Indikator für diese Investitionen können die gesamten Bildungsausgaben eines Landes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung herangezogen werden. Hier zeigt sich, dass Deutschland 5,1 Prozent seines BIP für Bildung aufwendet und damit weniger als der Durchschnitt der OECD-Staaten mit 6,1 Prozent. Die OECD-Staaten mit den höchsten Bildungsausgaben im Verhältnis zu ihrem BIP sind Dänemark (7,9 %), Island (7,7 %) sowie Südkorea (7,6 %).2 Während der Anteil der Bildungsinvestitionen am BIP in Deutschland konstant blieb (1995: 5,1 %; 2000: 4,9 %; 2005: 5,0 %), hat sich der Durchschnittswert der OECD-Staaten stetig erhöht (1995: 5,3 %; 2000: 5,4 %; 2005: 5,7 %). Der vergleichsweise niedrige Anteil der Bildungsinvestition am BIP in Deutschland fällt etwas höher aus, wenn die betrieblichen Kosten der Berufsausbildung im Rahmen der dualen Berufsausbildung berücksichtigt werden.

Weitere Bildungsinvestitionen sollten vorrangig in den Bereichen erfolgen, in welchen hohe Renditen zu erwarten sind. Das dürfte zum einen der frühkindliche Bereich sein, denn ein daraus folgendes höheres Kompetenzniveau der Schüler führt zu höheren formalen Bildungsabschlüssen. Zum anderen sollte das Schulsystem so ausgerichtet werden, dass sich die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss weiter verringert, denn deren Chancen auf Arbeitsmarktintegration sind am schlechtesten. In Deutschland verlassen nach wie vor fast 50.000 Schülerinnen und Schüler pro Jahr die Schule ohne einen Abschluss. Das entspricht 6 Prozent eines Jahrgangs.“


Die Forderung nach höheren Bildungsausgaben ist ja nicht wirklich neu. Doch wie das gehen soll, darüber sagen die Forscher leider nichts. In einer Zeit, in der die schwarze Null eines öffentlichen Haushalts angeblich alternativlos ist; in der von „sprudelnden Steuereinnahmen“ berichtet und von den Steuergeschenken an Firmen, Einkommensmillionären und Vermögenden wenn möglich kein Wort verloren wird; in der der Verteidigungshaushalt stattdessen in mehreren Schritten fast verdoppelt werden soll; in der Erzieherinnen in KITA’s deutlich weniger verdienen als Montagearbeiter am Fließband eines Automobilwerks; in der Honorarkräfte in der Weiterbildung und an Hochschulen mit einem Stundensatz von 20 und weniger Euro abgespeist werden; in solch einer Zeit ist es um die Bildung wahrlich nicht gut bestellt. Wer ernsthaft mehr Geld für eine bessere Bildung haben will, um die Erwerbslosigkeit gerade von Geringqualifizierten erfolgreich zu bekämpfen, der sollte auch sagen, wo das Geld herkommen soll und wohin es fließen muss. Ohne eine grundlegend andere Steuer-, Sozial und Arbeitsmarktpolitik wird es nicht gehen.


Sie können den vollständigen IAB-Kurzbericht hier als pdf-Datei herunterladen.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Erwerbslose, Qualifizierung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.07.2015