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Strategie der Kultusministerkonferenz

Bildung in der digitalen Welt

4 Weiterbildung

4.1 Digitialisierung in der Weiterbildung

Die Digitalisierung verändert den Alltag und das Arbeitsleben unserer Gesellschaft. Erwachsene stehen vor der Aufgabe, bereits vorhandene Kompetenzen in der digitalen Welt auch nach der schulischen, beruflichen oder hochschulischen Ausbildung kontinuierlich zu vertiefen, auszubauen und zu aktualisieren, um erfolgreich persönlich, beruflich und gesellschaftlich teilhaben zu können. Lebenslanges Lernen gewinnt in der Bildungsbiographie Erwachsener als längster Baustein in der Bildungskette weiter an Bedeutung und der Weiterbildungsbedarf wird zunehmen.

Durch digitale Lernformate entsteht die Chance, unterschiedliche und heterogene Gruppen der Gesellschaft erfolgreich anzusprechen und deren soziale, berufliche und politische Teilhabe zu gewährleisten. Digital gestützte Weiterbildungsmaßnahmen erfolgen zeit- und ortsunabhängig und Erwachsene lernen darüber hinaus unabhängig von Lebensalter oder Bildungsvoraussetzungen individuell und selbstgesteuert lebensbegleitend weiter. Bildungsinteressierte und Bildungsungewohnte erhalten durch digital gestützte Angebote einen neuen Zugang sich weiterzubilden. Ein für alle offener Zugang zu diesen Bildungsformaten leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Die durch den digitalen Wandel neu entstehenden Zugangsmöglichkeiten fungieren in diesem Zusammenhang als wichtige Brücke zu den Lernenden und erfordern eine stärkere Zusammenarbeit aller Weiterbildungsbeteiligten.

Im Unterschied zur schulischen und beruflichen Bildung sowie zum Studium weist die Weiterbildung, insbesondere die allgemeine Weiterbildung, einige besondere Merkmale auf:
  • Diversität der Lernenden
    Der Kreis der Teilnehmenden an einer Weiterbildung ist typischerweise äußerst heterogen in Bezug auf das Alter, den biografischen und beruflichen Hintergrund oder die Vorqualifikation. Die Lernenden verfolgen unterschiedliche Interessen und Ziele, die es bei der Konzeption und der Durchführung des Weiterbildungsangebots zu berücksichtigen gilt.

  • Lehrplanfreiheit und niedriger Formalisierungsgrad
    Neben den durch Berufsbilder, Fortbildungsabschlüsse und Bezugsrahmen (z. B. Qualifikationen, Sprachen) formalisierten Bereichen unterliegt die öffentlich verantwortete Weiterbildung nur geringen rechtlichen Vorgaben in Bezug auf Curricula, Qualifikationsvoraussetzungen der Dozentinnen und Dozenten, Prüfungsanforderungen und Abschlüssen.

  • Geringe staatliche Regulierung
    Im Vergleich zu Schule und Hochschule erfährt der öffentliche Weiterbildungssektor eine geringe staatliche Regulierung. Diese richtet sich hauptsächlich auf die Verbesserung von Rahmenbedingungen der Weiterbildung und setzt Impulse, um Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen.

  • Pluralität der Weiterbildung
    Die Weiterbildung ist gekennzeichnet durch ein gewachsenes Nebeneinander von staatlichen und privaten, gemeinnützigen und gewinnorientierten, betrieblichen und öffentlichen Bildungseinrichtungen sowie von Bildungseinrichtungen der Kirchen, der Wirtschafts- und Sozialpartner und anderer gesellschaftlichen Gruppen. Für diese sind unterschiedliche Angebotsprofile und Kooperationspartner typisch. Die Dozentinnen und Dozenten sind größtenteils nebenberuflich tätig.

4.2 Einfluss der Digitalisierung der Weiterbildung auf das Lernen und Lehren

Die Digitalisierung ist sowohl Inhalt als auch Rahmen von Weiterbildung. Digitale Lehr- und Lernwelten ergänzen analoge Lernwelten sinnvoll. Dabei gilt für die Erwachsenenbildung das Primat der Pädagogik genau wie für alle anderen Bereiche der Bildungskette. Im Hinblick auf digitale Lernsettings ist die Kooperation von Akteuren und Institutionen der Weiterbildung anzustreben.

4.2.1 Digital gestütztes Lernen

Weiterbildungsangebote werden oft eher in Anspruch genommen, wenn persönliche oder berufliche Veränderungen anstehen. Digitales gestütztes Lernen fördert die Autonomie und die Motivation der Lernenden, die vor der Herausforderung und der Chance stehen, ihre Weiterbildung selbst auszuwählen, zu organisieren und zu steuern. Lernformate mit unterschiedlichen virtuellen und physischen Präsenzen unterstützen ein individuelles, auf die persönlichen Wissensbedarfe, Voraussetzungen und Zielsetzungen zugeschnittenes Lernen. Durch die Ortsunabhängigkeit des Lernens können sich die Kursteilnehmenden mit Lernenden und Lehrenden überregional und in anderen Ländern global austauschen.

Mit Lernen in digitalen Lernumgebungen können verstärkt Zielgruppen angesprochen werden, die sich bisher eher selten oder wenig weiterbilden. Onlinegestützte Tools bieten zudem die Möglichkeit, individuelle Kompetenzen zu erfassen und zu dokumentieren und geben dem Nutzer Auskunft über den aktuellen Lernstand. Sie ermöglichen die weitere Gestaltung des Lernprozesses und Begleitung der Lernenden.

4.2.2 Digital gestütztes Lehren

Lehr- und Lernszenarien in digitalen Lernumgebungen verändern Anforderungen an die Kompetenzen von Lehrenden und Entwicklern von Inhalten. Die vorliegende KMK-Strategie enthält zu den Veränderungen für Lehr- und Lernprozesse, Inhalte, Lernformate (virtuelle Räume, E-Moderationen, interaktive Onlinemethoden), die veränderte Rolle (Moderatoren, Lernbegleiter) sowie für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrenden umfangreiche Beschreibungen, die für das Lehren und Lernen in der Weiterbildung gleichermaßen zutreffen. Gleichwohl stellt die Qualifizierung von Lehrenden vor diesem Hintergrund ein zentrales Handlungsfeld dar. Durch eine Vernetzung der Einrichtungen können vorhandene Kompetenzen und Ressourcen darüber hinaus genutzt und Synergieeffekte erzielt werden.

Die digitale Entwicklung beeinflusst aber nicht nur Didaktik und Methodik, sondern die gesamte konzeptionelle Ausrichtung und Organisation einer Weiterbildungseinrichtung. Eine diesbezügliche Ansprache, Beratung und Qualifizierung der Einrichtungsleitungen ist, wie auch die Weiterbildung des administrativen Personals, unumgänglich.

4.3 Infrastruktur

Voraussetzung für die Einbindung digitaler Formate in der Weiterbildung ist eine sichere und zuverlässig arbeitende Infrastruktur. In diesem Bereich lassen sich drei Ebenen unterscheiden:
  • Netzwerk und Endgeräte
    Es wird eine Infrastruktur benötigt, die den Lernenden einen verzögerungsfreien Zugriff auf Lerninhalte erlaubt. Dies umfasst den Ausbau der Breitbandversorgung auch in ländlichen Regionen, WLAN-Zugänge an geeigneter Stelle sowie passende Endgeräte.

  • Lernplattformen und Clouds
    Für die Bereitstellung der digitalen Lernumgebungen und die Administration der Teilnehmenden werden zentrale Lernplattformen mit technischen Lösungen zur Kooperation und zum Medienaustausch benötigt.

  • Teilen von Inhalten und digitale Marktplätze
    Vergleichbar mit einem realen Marktplatz dient ein digitaler Marktplatz als Umschlagsort für Inhalte und Materialien, die durch Lizenzformen eingeschränkt sind oder relativ frei verwendet werden können (z. B. OER). Auf dem Marktplatz können Lehrende oder Weiterbildungseinrichtungen spezielle Leistungsarten anbieten.

4.4 Rahmenbedingungen
  • Rechtlicher Rahmen und IT-Sicherheit
    Bei der Umsetzung der digitalen Weiterbildung gilt es, verschiedene rechtliche und funktionale Rahmenbedingungen zu schaffen, um ein sicheres und zuverlässiges digital gestütztes Lernen und Lehren zu gewährleisten. Hier sind in erster Linie Maßnahmen des Datenschutzes, der Datensicherheit und der IT-Sicherheit sowie des Urheber- und Lizenzschutzes und netzpolitische Fragen wie die nach Netzneutralität zu nennen. Die Nutzung und der Austausch von Daten zwischen den Beteiligten muss rechtlich eindeutig geregelt, der Ablauf genau definiert und vertraglich abgesichert sein.

  • Beratung von Lernenden
    Auch eine trägerunabhängige Beratung von Weiterbildungsinteressierten im Hinblick auf digitale oder digital gestützte Weiterbildungsoptionen ist notwendig. Es ist zu prüfen, in welchem Umfang und in welchen Bereichen Selbsteinschätzungstools eingesetzt werden können, die Nutzern eine Rückmeldung zum Stand des vorhandenen – auch informell erworbenen Wissens – geben und damit einen Hinweis darauf, wie und auf welchem Niveau weiter gelernt werden kann.

  • Beratung von Trägern, Einrichtungen und Lehrenden
    Der Beratung der Leitungen von Weiterbildungseinrichtungen in Rechtsfragen, aber auch hinsichtlich der Entwicklung medienpädagogischer Konzepte, der Auswahl und Implementierung von Lernplattformen oder der Kooperation mit Partnern, kommt eine zunehmende Bedeutung zu.

  • Qualitätskriterien
    Obwohl sich die Erwachsenbildung in einigen Bereichen von der schulischen und hochschulischen Bildung unterscheidet (z. B. Formalisierungsgrad, staatliche Intervention), ist die Qualitätssicherung von hoher Bedeutung. Es gilt, Qualitätskriterien für digital gestützte Weiterbildungsangebote zu definieren und diese in bewährte Qualitätssysteme einzubinden.

Um die Erwachsenenbildung auf die Anforderungen der digitalen Welt auszurichten, bedarf es auch in diesem wichtigen Bereich des lebenslangen Lernens gemeinsamer Anstrengungen von Ländern und Bund. Die Länder werden in dieser Frage auf den Bund zugehen.


Quelle: Strategie der Kultusministerkonferenz
„Bildung in der digitalen Welt“
, Stand: 09.11.2017


Schlagworte zu diesem Beitrag: Qualifizierung, Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 15.12.2017