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Positive Wirkung der Hartz-Reformen zu Beruflicher Weiterbildung – Transferleistungen dagegen wirkungslos

Die „Hartz“-Reformen zur Modernisierung des deutschen Arbeitsmarktes beinhalten als wichtigen Baustein eine Neuausrichtung der Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) sowie zum Transfer von Arbeitnehmern, die von betrieblichen Umstrukturierungsprozessen betroffen sind, in neue Beschäftigungsverhältnisse. Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hat das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und infas Bonn diese seit 2003 in Umsetzung befindlichen Reformen einer wissenschaftlichen Evaluation unterzogen.

Die Botschaften des heute veröffentlichten Gutachtens sind klar: Die Korrekturen bei der Förderung beruflicher Weiterbildung sind insgesamt positiv zu bewerten. Die Teilnahme an einer entsprechenden Maßnahme führt zu einer signifikanten Verbesserung der Beschäftigungschancen. Durch die Reform konnte dieser Effekt sogar noch einmal gesteigert werden. Allerdings ist zu bemängeln, dass die Vorauswahl der Teilnehmer durch die Arbeitsagentur häufig von falschen Kriterien ausgeht. Statt Arbeitslose zu fördern, die ohne Weiterbildungsmaßnahme besonders schlechte Beschäftigungsaussichten besitzen und deren Chancen durch die Maßnahme besonders stark erhöht werden können, konzentriert sich die Förderung eher auf Personengruppen, die ohnehin bereits gute Vermittlungschancen haben. Das Potenzial zur Verbesserung der Beschäftigungsaussichten ist in diesem Fall naturgemäß eher begrenzt.

Bei den Transferleistungen lässt sich dagegen keine Verbesserung der Vermittlungschancen ausmachen. Es macht praktisch keinen Unterschied, ob die Vermittlung durch die Arbeitsagentur oder durch eine Transfergesellschaft erfolgt. Positiv ist hier allenfalls ins Feld zu führen, dass der vor der Reform teilweise negative Effekt von Transferleistungen weitgehend verschwunden ist.

Förderung beruflicher Weiterbildung bewirkt Verkürzung der Arbeitslosigkeit

Das Ziel der FbW-Reform bestand darin, Qualitätsverbesserungen durch Wettbewerb unter den Bildungsträgern und die Einführung eines Qualitätsmanagements in den Arbeitsagenturen zu erreichen. Unter anderem wurde dazu der Bildungsgutschein als neues Instrument eingeführt sowie die Zertifizierung von Weiterbildungseinrichtungen und Weiterbildungsmaßnahmen angestrebt. Als Folge veränderter Zugangsbestimmungen auf der Nachfrageseite und des wachsenden Anbieterwettbewerbs hat sich im Zuge der Reform insbesondere in Ostdeutschland ein starker Rückgang von FbW-Maßnahmen eingestellt. Gleichzeitig ist eine deutliche Verkürzung der Laufzeit der Maßnahmen zu beobachten.

Trotz weiterhin gültiger Kritikpunkte (u.a. unzureichende Markttransparenz aus Kundensicht, ungleiche Zugangschancen für einzelne Gruppen, mangelhafter Informationsaustausch zwischen Arbeitsagenturen und fachkundigen Stellen) fällt die Zwischenbilanz günstig aus: Die FbW-Reform hat zu messbaren Verbesserungen der Wirkung dieses arbeitsmarktpolitischen Instruments geführt. Die Maßnahmen sind insgesamt kürzer geworden, was sich vorteilhaft auf die Stellensuchaktivität der Teilnehmer ausgewirkt hat. Vor allem aber gehen die Maßnahmen inzwischen mit einer im Vergleich zur Vorreformphase verbesserten Beschäftigungswahrscheinlichkeit einher. Je nach Programmtyp liegt diese 18 Monate nach Maßnahmeeintritt zwischen 7 und 25 Prozent höher als bei den Maßnahmen, die vor dem 1. Januar 2003 begonnen wurden.

Die Eingliederungserfolge von FbW sollten sich bei konsequenter Fortsetzung des eingeschlagenen Weges in Zukunft weiter verbessern lassen. Wünschenswert scheint die Einrichtung eines institutionenübergreifenden Bildungsportals für FbW, das Prüfergebnisse und Zertifizierungen dokumentieren und nicht nur Agenturen und Bildungsträgern, sondern gerade auch den Kunden zur Verfügung stehen sollte, um die Wahl der richtigen Förderung zu erleichtern.

Häufig wird vorgebracht, die Verbesserung der Wirkung der Maßnahmen nach der Reform gründe sich auf stärkere Selektion der Teilnehmer. Dieser Einwand trifft nicht zu. Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass der positive Reformeffekt maßgeblich von der Verbesserung der Maßnahmequalität getrieben wird. Die vielfach geübte Kritik an der sozialen Selektion der Teilnehmer ist zwar berechtigt, aber aus einem gänzlich anderen Grund: Sie führt bislang dazu, dass besonders die Personen von der Maßnahmenteilnahme ausgeschlossen werden, für die die Maßnahmen einen besonders positiven Effekt gehabt hätte.

Transferleistungen erbringen keinen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration

Transferleistungen verfolgen das Ziel, Arbeitnehmern, die von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen sind, den Transfer in neue Beschäftigungsverhältnisse zu erleichtern und so Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Leistungen umfassen Transfermaßnahmen und das so genannten Transferkurzarbeitergeld. Transfermaßnahmen gehen über FbW hinaus, indem sie neben Qualifizierung unter anderem auch Vermittlungsaktivitäten einschließen. Zudem geben sie den damit beauftragten Trägern einen flexiblen Handlungsrahmen für die Vermittlungstätigkeit.

Die Reform hat zu einem starken Rückgang der Teilnehmerzahlen geführt. Gegenüber dem früheren Strukturkurzarbeitergeld hat sich die Zahl der Bezieher des neu eingeführten Transferkurzarbeitergeldes halbiert. Offenkundig hat das Instrument als bislang oft missbräuchlich praktizierte Frühverrentungsmöglichkeit stark an Bedeutung verloren. Dies kann als Erfolg der Reform verbucht werden und dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Arbeitsmarktintegration durch Transferleistungen nicht mehr – wie vor der Reform - negativ beeinflusst wird.

Zu rechtfertigen wären Transferleistungen jedoch nur, wenn sie die Beschäftigungsaussichten der Teilnehmer über das hinaus verbessern, was an Vermittlungsleistungen durch die Agenturen für Arbeit ohnehin erbracht wird. Dies ist weder für Transfermaßnahmen noch für Transferkurzarbeitergeldprogramme der Fall. Da sich die Maßnahmen bislang im Durchschnitt als nicht wirkungsvoll erwiesen haben, liegt es auf der einen Seite nahe, sie ganz einzustellen. Auf der anderen Seite verstellt jedoch die Durchschnittsbetrachtung den Blick für im Einzelfall möglicherweise erfolgreiche Strategien unter dem Dach von Transfermaßnahmen. Unter diesem Aspekt sind weitergehende Untersuchungen wünschenswert, um solche Strategien identifizieren zu können.

„Die Forschungsergebnisse belegen, dass die Bundesregierung an dieser Stelle erste richtige Weichenstellungen vorgenommen hat, die sich vorteilhaft auf den Arbeitsmarkt auswirken. Gerade deshalb wäre es grundfalsch, weitere Reformen jetzt auszusetzen. Sie müssen vielmehr rasch in Angriff genommen werden, um die vorübergehende Gunst der Konjunktur zu nutzen“, so Hilmar Schneider, IZA-Direktor für Arbeitsmarktpolitik.


Quelle: IZA-Pressemitteilung, 8. Januar 2007

Die Studie des IZA zur Wirkung der beruflichen Weiterbildung können Sie auf der Homepage des Institut Zukunft der Arbeit herunterladen.


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 09.01.2007